Noch eine Leseprobe .."Herr Meier beschliesst Faschist zu werden"
Bei diesem Projekt kann ich volle Kanne auf die
Charakterien "meiner geliebten Antilopen" zurückgreifen.
Es ist mir auf der Fahrt zurück von einem Kunden ein -
gefallen.
Ich werde dieses Projekt so nebenbei betreiben.
Der Arbeitstitel:"Herr Meier beschliesst Faschist zu werden"
Diese "Antilopen" :Linke, Radio- und TV Leute
von kleinen Lokalsendern, Mitarbeiter des nationalen
Rundfunks,Kleinkrimininelle, Angestellte städtischer
und ländlicher
Justizbehörde,Lehrer,Pfarrer usw..
Hier .. eine Minderheit.
Eines zeichnet sie alle aus.Ausserhalb ihres eigenen Umgangs
fallen sie sofort auf.Gemeinsam haben sie dieses geradezu
krankhafte Bestreben ihrer Person und ihrer Tätigkeit,so
weltfremd oder absurd sie/es auch sein mag Geltung zu ver -
schaffen.Was von aussen an sie ankommt ist feindlich,gefährlich
oder was auch immer...keinesfalls gut.
Es ist nicht so ,dass sie sich für unsichtbar halten.
Ihr Hang zur Selbstüberschätzung fällt sofort auf.Da diese Kreise
in unserem Kanton jeglichen Schutz und Unterstützung geniessen
wird offensichtlich ihr Wahrnehmungsvermögen völlig getrübt.
Und ..sie müssen
seitens Behörde nicht mit einer Strafe rechnen.
Sie haben einen Psychiater finanziert von .. ,der sie
mit seinen nicht über alle Zweifel erhabenen "Menschenkenntnissen
berät.Seine Beratung ziemlich teuer und ziemlich untauglich.
Sein Ruf ist nicht der Beste. Seine psychiatrischen Kenntnisse
eher dürftig. Ein Gefälligkeitsdiagnostiker der Presse .
Eine weitere Gemeinsamkeit, sie arbeiten für den Staatsschutz.
Die Qualität der Überwachung
angesichts dieses Personenkreises
ist eher zweifelhaft.
Die Konfrontation mit ihrem eigenen ich.Die Landung auf dem Boden
der Realität endet meistens in einer Katastrophe.
Für Aussenstehende aber eher harmlos.Die Selbstmordrate
in diesen
Kreisen ist fast doppelt so hoch wie in der Normalbevölkerung.
Ich nenne sie deshalb auch autistische Arier.Oder kurz und deutsch:
ein Arschloch.
Ich wohne und lebe in und um Zürich.Ich beziehe
die Persönlichkeiten,
Situationen,Stimmungen und was auch immer grösstenteils aus dieser
Umgebung.Meine "Antilopen" bieten eine schier unerschöpfliche Quelle
skuriller Charakterien.Vom durchgeknallten Serienkiller bis zum
stocklangweiligen Spiesser.
Zurück in die Vergangenheit reisen um Eindrücke zu erfassen muss
ich also nicht.Alles was ich brauche liegt direkt vor meinen Füssen:
Krieger-Gen, die Unfehlbarkeit (Linke .. nicht der Pabst gemeint)
skurile Weltanschauungen ,überdrehte Lebensweisen ( Vegis und Müslis)
Glaubt mir damit kann ich in jede Richtung arbeiten.
Satire ,Dramatik usw.
Viel Vergnügen
Aber nun zur Geschichte :
Erlauben
sie mir, dass ich mich vorstelle.Meier - Max Meier.
Hmm .. ich finde diesen Namen immer noch lustig "Doppel M" mein
Spitzname seit meiner Jugend. Da wo er nicht bekannt war,habe
ich ihn selbst vorgestellt.
Warum ich flüstere ..?Nun
ich wurde gerade gefangen genommen von
russischen Partisanen.Meine Rippen schmerzen von den Fusstritten
in meinem Mund sammelt sich immer wieder Blut.Meine Hände mit
starken Seilen zusammengeschnürt wirken gefühlslos.Alles schmerzt.
Wir müssen knien und nach vorne gebeugt. So wollen es unsere Bewacher.
Wir sind nur noch fünf.Alle andern .. tot.
Schrott .. Hauptsturmführer Schrott.Seinen Titel zu unterlassen steht
unter schwerer Strafe. Jetzt kniet er in
der selben Haltung etwas
weiter vor uns. Die Pistole hatte er sich an den Kopf gesetzt als die
aussichtslose Lage bewusst wurde.Ein Partisan entriss im die Waffe und
verletzte sich sogar selbst dabei als sich ein Schuss aus der Luger löste.
Diese Luger sind wirklich heimtückisch und man muss damit umgehen können.
Mit Partisanen so weit im Westen,nahe Hrodna hatten wir nicht gerechnet.
Wir waren abkommandiert zur Patrouille.Um nach Saboteuren und geflohenen
Juden zu
suchen.Es ist April 1943 .Das SS Panzerkorps hatte vorigen Monat
Charkow zurück erobert.Ein erlösender Jubel hatte sich breit gemacht.
Es geht wieder vorwärts so die allgemeine Ansicht .. und jetzt das.
Ich betrachte den Waldboden
vor mir.Suche eine möglichst
bequemere Haltung einzunehmen.Der stechende Schmerz vor
allem in den Rippen lässt nur leicht nach.Ich keuche
möglichst flach um keine weitere Schmerzen durch Dehnung
der Rippen zu verursachen.Meine
linke Gesichtshälfte fühlt
sich dumpf an.Der Schlag mit dem Gewehrkolben hatte mich bei
der Gefangennahme mit voller Wucht getroffen.Ich spürte nur
noch wie mir die Knie wegsackten.Die weiteren Verletzungen
bemerkte ich
erst als ich auf dieser Lichtung wieder
aufgewacht bin.Ich starre jetzt in dieser knieenden Haltung
auf den Waldboden und versuche so gut wie es eben geht meine
Lage zu erfassen.Allmählich lässt das starke Ohrensausen nach
und
ich nehme die verhaltenen Stimmen um mich etwas deutlicher
wahr.Mir ist schlecht.Vor Angst oder durch die Schmerzen weiss
ich nicht.Ich denke an gestern Abend in unserer Unterkunft.
Was für ein angehmes Leben wir dort doch hatten.So weit
weg
erscheint das jetzt alles.Genau so weit weg wie Frauke meine Frau
und mein Sohn Knut.Ich zittere leicht mich fröstelt jetzt.
"Na mein grosser Arier?",höre ich eine Stimme ganz in meiner
Nähe,"hast du Schiss ?"Die Stimme
scheint nun fast über mir zu
sein.Ich versuche vorsichtig in dieser Haltung etwas zu sehen.
So gut es eben geht.
Er spricht deutsch ?,als würde ich aus einem bösen Traum
erwachen.Ich spüre einen Stoss auf meinen Kopf."Du
..da!"
"Sieh mich an!"Die Stimme war derjenigen von Schrott ganz
ähnlich.Ich hebe meinen Kopf.Ein paar Schnürstiefel stecken
in einer braunen Wollhose.Das sehe ich zuerst.
Dann sinkt der Sprecher in die Hocke.Ein blaues Augenpaar
mustert mich prüfend aber ohne eine Spur Mitgefühl.
Er mustert noch kurz meine Schultern und dreht den Kopf
zu einem seiner Begleiter und spricht sie auf russisch an.
Sie lachen.Über mich."Sie heissen also Meier ..",zögert
kurz,
"Max Meier ..""Welche Einheit und wo sind sie staioniert?"
Fast wie im Traum höre ich nun Schrott,"Nennen sie diesem
Abschaum nur ihren Namen und Dienstgr.."Ein dumpfer Schlag,
Gebrüll und hörbares Röcheln
das ich Schrott zuschreibe.
Der Sprecher hat sich zu Schrott umgedreht und gibt
offenbar eine Anweisung ,auf russisch natürlich.Er dreht sich
wieder zu mir,"Ich bin Volkskommissar Frank Lubliner und sie
werden meine Fragen beantwortet
.. nicht wahr?",fast sanft.
"Frank Lubliner?",ich kann mit dem gebrochenen Kiefer nur
Murmeln,"Sie sind J.. ?"Ich halte inne .Der Sprecher fast sich
ans Kinn und betrachtet mich kurz,"Ja ..ich bin Jude."Seine
Stimme jetzt höhnisch,"aber
du darfst auch Genosse Kommissar zu
mir sagen .. mein Stolzer." Das Letztere ging in dröhnendem
Gelächter unter.
Der Sprecher, der sich als Genosse Kommissar vorgestellt hat.
Fast 1.85 muss er sein.Sportliche Gestalt,blonde Haare
und
blaue Augen.Die russische Feldjacke, die Patronengurten und
die gepflegten Wehrmachtsstiefel,welche er wahrscheinlich einem
Gefallenen oder Gefangenen abgenommen hat. Eine sehr beeindruckende
Erscheinung.Hmmm .. er sieht gar nicht
so aus wie ein Jude.
"Der sieht eigentlich selbst genauso aus wie diese "Untermenschen"
die er beschreibt",Fraucke sieht das Bild mit wenig Begeisterung an.
"Müssen wir sein Bild wirklich mitten in unser Wohnzimmer hängen?"
Ich
mochte Fraucke von Anfang an.Ihr hübsches Äusseres genauso wie
ihr lebhaftes Naturell."Hüte deine Zunge etwas..",mahne ich sie,
"Eine Bemerkung dieser Art ..",ich sehe auf ihren Nacken.Sie schaut
auf."Was ..?".Ich zuckte nur
mit meinen Schultern.
Fraucke hat das Wohnzimmer nach ihren eigenem Geschmack eingerichtet.
"Gefällt es dir ..?",sie rückt näher an mich,"habe ich für uns gemacht
du bist ja nie hier.""Was ist denn in diesem Paket?"Na ja
eben das
Porträt des Führers,welches in allen Wohnzimmern prangen soll.Uns an
unsere Pflichten erinnernd und zu seinem Gedenken.Auf seinen Wunsch,
auf seinen Befehl.Etwas anderes als sein Porträt hätte ehrlich
gesagt
sicher besser in unser Wohnzimmer gepasst.
Eine charmante Gemahlin haben sie da Unterscharführer.
( Das war ich damals noch..) der Standartenführer nahm
meinen Gruss mit einem wie mir schien wohlwollenden
Lächeln entgegen.Ohne
die Kaffetasse hinzustellen.
Ich war damals sein Fahrer und er hatte mir erlaubt
auf dem Weg zurück ins HQ bei meiner Familie
vorbeizuschauen."Vorausgestzt sie laden mich zu einem
Kaffee ein."Standartenführer Nolte eine distanzierte
kultiviert wirkende Persönlichkeit aber sehr angenehmes
Gegenüber.Vormals Professor für Geschichte.Immerhin.
Ich musste den Dienstwagen noch etwas einparken und er
war deshalb mit Fraucke eine kurze Zeit allein.Ob das
eine gute Idee war fragte ich mich hinterher.
Ich suchte in Frauckes Gesicht eine Antwort auf diesen
Satz."Charmante Gemahlin ...?"Eine Andeutung? Mir war nicht
wohl dabei.Sie hatte etwas Schelmisches in ihren Augen als
ich sie ansah."Wissen
sie ..",der Standartenführer Nolte macht
mit der Hand eine ins Wohnzimmer weisende Geste,"wir haben uns
gerade über euer geschmackvolles Wohnzimmer unterhalten."
"Gefällt es ihnen?",habe ich nur gesagt und ich spürte wie
sich ein Kloss in meinem Halse zu bilden begann,"Fraucke ist
der Stylist von uns beiden."Das sollte die Situation etwas
zerstreuen."Charmant und geshmackvoll ..wie ich schon sagte"
,begann Nolte von Neuem."Sie sollten ihrer Frau wirklich
erlauben
das Bild des Führers etwas beiseite zu hängen und dafür dieses
hier",er zeigte den Musterbogen des Bildes welches Fraucke so
mochte,"in die Mitte zu hängen."
Später einmal sagte Fraucke zu mir,"Eine schöne
neue Welt ist das
die schon beim ersten freien Wort anfängt zu zittern."
Ich schämte mich etwas und sagte nichts.
"He , Faschist träumst du??",ein kurzer Tritt in die Seite gefolgt
von einem stechenden Schmerz."Ich rede mit
dir .."
Ich sehe zwei schwarze Stiefelspitzen vor mir .
Es sind die Stiefel des "Schweigsamen" so nenne
ich ihn.Er stand während der Verhöre immer hinter
dem Kommissar,musterte mich nur,ab und zu flüsterte
er diesem
Lubliner etwas zu.Er hat kalte Augen,genau
wie Schrott so erscheint es mir jedenfalls.Er und drei
Männer hatten Schrott von uns weggeführt.Mit Schauern
habe ich seine Schreie gehört, die allmählich in ein
Wimmern übergingen."Jeder
hat seine Grenze ..",hat
Schrott nach einem Verhör einmal zu mir gesagt als er
die Baracke verliess und meine offensichtliche Frage
beantwortete.Dann hat er sich mit zufriedener Miene eine
Zigarette angezündet und schlenderte
zu seiner Unterkunft.
Haben sie Schrott's Grenze erreicht ?
Zwischen Schrotts Schreie hat Schütze Hartmann leise unter-
drückt "Schweine" gerufen ,fast mehr ein Schluchzen.
Einer unserer Bewacher hat ihn gehört und nach
ihm getreten.
Während des Appells hat unsere Wache immer wieder unwillige
Häftlinge mit Fusstritten zur Räson gebracht."Mistfaules Pack!",
oder ähnlich,"was glaubt ihr wo ihr hier seit!""Stillgestanden!"
Die setzten
sich mancmal einfach hin.Vor allem Neue und Alte,die
den Lagerbetrieb nicht kannten oder vorgaben erschöpft zu sein.
"Was für eine Funktion hatten sie im Lager inne..",auch er spricht
einwandfrei deutsch."Antworte Faschist ..!",seine
Stimme war hart
und fordernd."Bewachung ..",antworte ich."Richten sie sich auf!"
Ich leiste seinem Befehl folge.Meine Knie schmerzen im Moment fast
noch mehr als meine Rippen.Mir wird schlecht.Meine Magengegend hat
diesen seltsamen Druck
bevor ich erbrechen muss.Ich spüre Schweiss
auf meiner Stirn.Mir schwindelt."Erklären sie ihre Aufgabe etwas
genauer."
"Was machst du eigentlich in diesem..Lager ?",fragte sie mich einmal
als ich in Gedanken im Garten sass.Die
Frage kam so überrraschend wie
ein Sommergewitter."Bewachung .. nichts weiter."Ich mochte nicht wie
sie mich dabei ansah. Ihre Blicke waren so merkwürdig..fremd auf einmal.
"Nun unsere Aufgaben waren je nach Situation entsprechend..",
meine Antwort gerät ins Stocken.Schrott wird zurückgebracht.
Viel mehr geschleift.Schwer atmend,stöhnend von zwei Partisanen
unter der Schulter gefasst.Es ist schon fast dunkel darum
sehe ich nichts von äusseren Verletzungen.Aber
den Strick der
im um den Hals baumelt...! Die werden doch nicht.. ?
"Was für Situationen entsprechend ?",auch er hatte einen
Moment nach Schrott gesehen und wendet sich jetzt wieder mir zu.
Jemand neben mir, ich glaube Hartmann schluchzt
leise.
"Wenn die Züge eintrafen mussten wir den Auslad der Einheiten
protokollieren und überwachen."Ich ringe nach Atem.Ich kann
meinen plötzlich auftretenden Zustand nicht erklären.Es ist
als ob ein lähmendes
Fieber in mir wüten würde.
"Was haben sie überwacht?""Was heisst Einheiten?"Er kommt etwas
näher.Seine Stimme wirkt ungeduldig.Ich atme kurz durch,"Nach der
Lagerregel ist das genau vorgeschrieben.""Mit Einheiten ist eine
bestimmte Anzahl Häftlinge gemeint.""Als erstes wurde gemustert und
gezählt."
"Das erledigen meist die Kapos.""Musterung der Häftlinge auf
Arbeitstauglichkeit in zwei Gruppen Frauen und Männer getrennt."
"Die
Arbeitsunfähigen in separate Gruppen."Ich werde den Eindruck
nicht los,dass er schon etwas oder alles weiss.
"Eine schwere Aufgabe ist uns aufgebürdet worden."Der Gauleiter hält
kurz inne.Er schritt, während er diesen Satz
aussprach vor uns auf
und ab.Unser Jahrgang auf der Junkerschule kurz vor dem Abschluss.
"Die Geschichte wird uns später einmal für diese Verdienste ehren.
Wenn die Zeit dafür reif ist.""Aber gegenwärtig verlangt es die
Situation,dass wir dies im Geheimen tun."
Er ist etwas näher an mich herangetreten.Ich kann sogar den erdigen
Geruch seiner Kleider riechen.Das leichte knirschen des Leders seiner
Stiefel hören,"Die arbeitsunfähige Gruppe?"
"Na ja , alle die physisch nicht in der Lage waren zum Arbeitsdienst
eingezogen werden."Er beugt sich vor und ich spüre seinen Atem in
meinem Gesicht.Sehr unangenehm .Ich wünschte dieser Lubliner wäre an
seiner Stelle."Los
weiter .. die arbeitsunfähige Gruppe."
Ich rutsche etwas in der Hoffnung,dass die Schmerzen in den Knieen
nachlassen,"Kranke,Gebrechliche .. halt wie vorgeschrieben."
Er mustert mich feindselig,"Schwangere und Kinder?"Es ist wirklich
unangenehm.Eine Ohrfeige,es brennt in meinem Gesicht."Na wird's bald!"
Ich schlucke,mein Hals ist etwas trocken und ich will eigentlich, dass
meine Stimme stark und fest ist während ich antworte,"Ja sind auch dabei."
Er starrt mich die
ganze Zeit aus nächster Nähe an.Was erhofft er sich zu
sehen?
In der Hocke wie Lubliner direkt vor mir klopft er mit
den Fingern rythmisch ungeduldig auf seine lederne
Feldtasche.
"Hast du das schon mal gehört?",der
Scharführer steht
dicht vor dem Tor zum Duschraum.Hält den Zeigefinger
vor die Lippen und schwenkt seinen Kopf zum eisernen
Tor.Es ist ein dauerndes Klopfen zu hören.Aber keine
Stimmen."Es hört immer nach der gleichen
Zeitspanne auf",
erklärt er,"gleiche Zeitspanne,die Mischung stimmt."
Er lächelt fast stolz.
"Weggeführt zur Sonderbehandlung ..",er schnaubt diesen Satz.
In seinem Gesicht scheint mir .. purer Eckel.
"Morgen früh
..gut.""Durch Erschiessen?",der Kommandant sitzt
neben Lubliner auf einer Kiste im Zelt.Es riecht nach Essen und
Zigarettenrauch.Einer ihrer Leute summt "Weisse Lilien".
Lubliner sieht auf,"Tod durch den Strang .. sie sind alle Schuldig."
Der Kommandant hebt die Augenbrauen und nickt,"Hmm durch den Strang",
fast nachdenklich."Das Urteil für Verbrecher",und etwas nachdrücklich,
"Mein Genosse Kommandat und zwar direkt an der Strasse nach Hronda."
Dieser nickt und schliesst
kurz die Augen.Als er sie wieder öffnet
haben seine Gesichtszüge etwas Forderndes und Spöttisches,"Die Faschisten
werden dafür Vergeltung ausüben mein Genosse Kommissar."
Lubliner sieht auf seine Papiere als würde
er dort die nächste Antwort
suchen,"Das werden sie so oder so.""Wir haben bereits einen ganzen Zug
von ihnen abgeschlachtet.""Schon vergessen,Genosse Kommandant?"
Gleichmütig wackelt dieser mit dem Kopf.Lubliner nickt mit
dem
Kopf in die Richtung wo er die Gefangenen jetzt vermutet,
"Keine Spur der Reue, nicht einmal den Ansatz eines Gedankens
des Unrechts ihrer Taten."Er wendet sich dem Kommandanten zu,
"weil sie nicht mit einer Bestrafung rechnen und sie hören
niemals eine Stimme die ihr Handeln verurteilt."Der Kommandant
runzelt die Stirn,"Gut gesprochen mein Freund,gut gesprochen."
Wieder erscheint etwas schalkhaftes in seinem Gesicht,"Wir sind
Zeuge der Geburt einer neuen Gesellschaft,mit
der Erschaffung
eines neuen Menschen,Führerkult usw.."grinst und sieht Lubliner
an,"etwas unangenehm viele Parallelen ..nicht wahr?""Eine neue
Gesellschaft oder Gemeinschaft die alles anders Denkende,
Andersartige , wie zum Beispiel
Juden ausschliesst."
Lubliner versucht ironisch streng zu wirken,"Mein Genosse
Kommandant du bist ja ein Intellektueller." Vergeblich sucht er
eine Reaktion in seinem Gesicht.Dieser grinst nur breit und verzieht
etwas theatralisch seine
Lippen,"Die Beschreibung einfältig wäre mir
lieber."Er senkt den Kopf etwas und sieht auf Lubliners Hände die auf
dem Portokoll liegen,"Intellektuell ist fast so gefährlich wie Jude."
Befriedigt sieht er wie sich Lubliners
Zeigefinger beim Wort Jude
kurz anhebt.Er hebt sein Kopf wieder an,"Einfältig ,Neffe eines
Delegierten des Sowiets mit viel Einfluss .. das würde mir gefallen."
Lubliner versucht ein möglichst fröhlichen Gesichtsausdruck
zu machen,
"Ich würde sagen du bist ein aussergewöhnlich,umsichtiger,einfältiger
und verantwortungsvoller Genosse Kommandant."Dieser lehnt sich mit
einem dröhnenden Lachen zurück ,dann kneift er beim Aufstehen Lubliner
in die Backe,"Ich wusste ,dass wir gute Freunde werden."Lacht erneut.
"Meinen Anteil an diesen Verbrechen ..?",es macht
mich etwas ärgerlich.
"Das sind alles Feinde des Volkes..!"Die Zeitungen,
die Bücher und der Rundfunk.Alle
haben sie uns so
mitgeteilt,berichtet oder .. gelehrt."Der Schweigsame
sieht mich an,"So ,alle sagen das ?"
Ich mag nicht wie er das ausspricht.
"Wie die Tiere... ",eine Stimme hinter uns im Kino.
Ich war auf Urlaub und Fraucke und
ich wollten uns
einen Film ansehen.Vor der Hauptaufführung die Wochen-
schau.Russiche Kriegsgefangene bei der Essensausgabe.
"Wie die Tiere ..?",wiederholte Fraucke auf dem Weg nach
Hause und blickte nachdenklich vor sich hin.Ich
sagte
nichts.Und sie fuhr fort in die Stille,"Diese Menschen
waren völlig ausgehungert",zögert kurz und sah mich
an,"nur ein kleiner Eimer und tausende ausgehungerte
Menschen.. ha ..wilde Tiere.""Jeder würde sich in der
gleichen Situation so verhalten."
Ich wusste nicht was ich sagen sollte.Wie ich schon
erwähnte, ich mochte ihre lebhafte Art schon immer.
Doch diesmal erschauerte ich.
"Es ist Krieg..!"Ich fand nichts Besseres als Erklärung.
Irgendwie empfand ich es als Vorwurf.Sie sah mich nur
kurz an.Ihr Blick hatte diesmal nichts liebevolles wie sonst.
Im Gegenteil anklagend,etwas verachtendes
glaubte ich in ihrem Blick zu lesen als
sie mich kurz ansieht.Sonst genoss
ich es
so nahe bei ihr zu sein.Bei jedem Schritt
etwas von ihr berührend.Das kurze Streifen
ihrer Hüfte,ein kleiner Schubser an ihrer
Schulter oder der leichte Druck ihrer Arme.
Plötzlich fühlte ich eine Entfremdung
kalt
und schauerlich wie ein Nebel kroch es über
mich."Das sind offizielle Berichte von der
Front",werfe ich ein."Die können sich nicht
leisten zu lügen."Sie sieht mich an und ich
erfahre keine Erlösung."Wir haben
nur diese
Presse und das Propagandaministerium.""Nur
diese Wahrheit..Max."Ich sah mich um wie ein
ertappter Schuljunge.Sie lächelte mich an,
"Mein armer Max hier hört uns doch keiner."
"He .. hörst du mir zu ?",der
Schweigsame hat
mich am Schopf gepackt und schüttelt mich.
"Ja doch ,ja doch..",beeile ich mich seine
Wut zu besänftigen.Er schlägt mich kurz ins
Gesicht auf die rechte Seite wo mein Kiefer
ohnehin schon schmerzt.Ich
schliesse kurz die
Augen und neige den Kopf etwas.Ein stechender
Schmerz breitet sich über die rechte Gesichts-
hälfte aus."Antworte .. oder ..",aus seiner
Stimme ist kein Mitgefühl oder Verständnis zu
meiner
Lage zu hören.
"Ein neues Leben ..",antworte ich so schnell
ich kann auf seine Frage worauf meine persönliche
Entscheidung für unsere Sache zu kämpfen beruhte.
"Eure Sache ..ein neues Leben",kommentiert er
höhnisch.
"Es ist doch ein schönes Leben",dachte ich als
ich das Haus verliess und mich auf mein Rad schwang.
Fraucke stand am Fenster unseres kleinen Muster-
häuschen mit Knut im Arm und warf mir noch einen
Kusshand zu.Je nach Stimmung
die sie hatte öffnete
sie manchmal noch etwas ihren Morgenrock und spitzte
die Lippen.Liebe und Leidenschaft gleichermassen.
Ich bog in die Allee ,die zur Giesserei,meinem
damaligen Arbeitsplatz führte.Das Plakat der
Waffen
SS "Meldet euch freiwillig" zog mich
trotz meines Glücks seltsamer weise magisch an.
Diese Unruhe konnte ich nicht erklären.
"Ja wenn das nicht unser Doppel M ist..",reisst
mich die Stimme aus meinen Träumen.
Etwas
abseits eines Pulks von SA-Leuten, winkte
er mir zu.Jakob dritter Sohn des Freiherrns aus
unserem Dorf im Harz.Wir waren so etwas wie
Jugendfreunde.Ich der zweite Sohn eines Bauern.
Er,"Ein Nachzügler,Schachfigur für die Heiratspolitik
des Adels",wie er einmal spöttisch bemerkte.
"Wir teilen das gleiche Schicksal nicht der
Erstgeborene zu sein",klopfte mir lachend auf die
Schulter."So steht es uns frei unsere Bestimmung
selbst zu wählen."Verwirrt und geschmeichelt
zugleich
hatte ich ihm zugehört.Gleiches Schicksal aber fremde
Welten.Er besuchte wie wir alle anfangs die Dorfschule.
Kein auffälliges Talent.Auffallend trotz allem.
Gut gekleidet seiner Herkunft entsprechend hob er sich von
uns ab.Sein Selbsverständnis,seine Gewandtheit in der Sprache
und seine Manieren zog alle Aufmerksamkeit auf sich,was
sich in seiner Nähe befand. Er war mit allem gut ausgestattet
was seine adlige Abstammung versprach.Die Mädchen
mochten ihn.
"Du hier ??",ich bremste überrascht und stieg vom Rad.
"Du bist nicht nach Amerika gefahren?"Etwas wie Enttäuschung
breitete sich in mir aus.Er hatte sich von uns verabschiedet
als er ins Internat bei Konstanz aufbrach,"Und
dann fahre ich
nach Amerika.. ihr werdet schon sehen."Als würde mir jemand
den Hals abschnüren.So hatte ich diesen Satz aufgenommen.
"Die neue Welt!"Diesen Satz sprach und spreche ich heute noch
aus.Manchmal.Eine Mischung von
Neugier und Sehnsucht.Ein magischer Satz.
Er lachte laut,"Das weisst du noch?"
"Boston ,Massachusetts.Dort habe ich studiert."
Ein bisschen Stolz schwang in seiner Stimme.
So schien es mir jedenfalls.Seltsam,dass ich
so etwas wie
Erleichterung verspürte.Wenigstens
einer von uns hatte es geschafft seine wahren
Träume zu erfüllen.Selbst jetzt gekleidet in brauner Uniform der
SA beherrschte sein unbeschwerter Wesenszug seine
Umgebung.Ich sah auf die
Uhr.Meine Zeit war knapp.
Noch genau wie früher ,schien Zeit und Raum für
ihn nur nützliche Kulisse durch die er
besitzergreifend schritt.Lachend hielt er mich
am Arm und stellte mich seinen Leuten vor.
"Leute ,das
ist Meiers Maxe.Mein bester Freund
aus meinen Flegeljahren."
"Konstruktionsabteilung ?",kurzer Pfiff der
Anerkennung."Ich bin für eine Weile in deiner
Stadt.""Wir müssen uns mal sehen ..nicht wahr ?"
Steckte mir seine Karte
zu und winkte fröhlich
hinterher .. fast wie früher.So viele fast vergessene
Bilder kehrten an diesem Tag zurück. Sie störten
meine Konzentration und Eifer.War das die Nahrung oder
Ursache meiner Unruhe?
Lubliner
arbeitet noch immer an seinem Protokoll.
Penibel und neutral sollte es sein.So wollte es die
Partei.Der Schweigsame, eigentlich Jakob Dinges kriecht
durch die schmale Öffnung ins Zelt.Seine Notizen
zusammengerollt in den Händen
hockt er sich an die Kiste,
welche Lubliner als Arbeitstisch dient.Das Lachen des
Kommandeurs aus dem hinteren Teil der Unterkunft lenkt beide
kurz ab. Sie sehen sich an und Lubliner macht auf der Höhe
der Schläfe eine kurze
drehende Bewegung mit der Hand.
Beide senkten sofort ihre Köpfe als Jegor der Kommandant zu
ihnen hinüber sieht.Zu spät ! Missmutig stellen beide fest ,
dass er offensichtlich nicht so sehr betrunken war wie sie
zuerst
annahmen.Dieser schlurfte mit zufriedenem Grinsen
durchs Zelt in ihre Richtung.Mit einem, an eine Lokomotive
erinnernden Schnaufen,liess er sich zwischen ihnen nieder.
Er machte sich zu seinem Vergnügen etwas breiter.Mal lehnt
er
sich nach rechts um nach seinem Feuerzeug zu suchen, mal
nach links um in der anderen Tasche zu kramen.Sowohl Lubliner
als auch Dinges mussten nachgeben."Mein Freund Kommissar ..",
klopfte Lubliner mehrmals kräftig auf die Schulter,"du
schreibst
ja immer noch.""Die Biografie eines Schweins ..?",witzelt er und
darauf bedacht ,dass Lubliner dabei seine Schnapsfahne
mitbekommt.Amüsiert nimmt er dessen rümpfende Nase zur
Kenntnis."Der Untersuchungsbericht für
die Zentrale ,
Genosse Kommandant",Lubliner schlug einen nachsichtigen
Ton an, seine Reaktion auf Jegors Spielerein.
"So,so ...",zu Dinges hinwendend,"Berichte..!"Er bläst den
Rauch seines ersten Zuges aus der Zigarette in seine Richtung.
Im Gegensatz zu Lubliner ,den er mehr um sich zu amüsieren
neckt ,mag er Dinges persönlich nicht.
"Du kämpfst gegen deine eigenen Leute.Ich traue niemandem ,der
so etwas tut.Auch wenn es unsere schlimmsten Feinde sind."
Klaglos hatte Dinges damals die Nachricht über die Auflösung der
wolgadeutschen Sowietrepublik hingenommen,obwohl er dessen Vertreter war.
Für sein Verständnis etwas zuviel Parteidisziplin.
"Alles für die Partei ?
Alles für die Sache?",er sah ihm dabei ins
Gesicht.Er konnte keine Regung feststellen.Er nickte nur.
Er ist vorsichtiger ,wenn Dinges in seiner Nähe ist.Ein Mann
der alles opfert für seine Überzeugung. Wahrscheinlich seine
Familie ,Freunde .. . Hmhm ,Dinges hat keine Freunde.
Er hat nur die Partei.Lubliner sieht auf,"Wir müssen diese Verbrechen mit
Personen und mit Identitäten versehen.Wenn die Täter
Gesichter und Namen zugeordnet werden
können,wird es
schwerer dieses Grauen zu leugnen."Lubliner streicht
kurz über den Stapel,"Was sind ihre Motive?
Was sind die Ziele?"
Jegor räuspert sich kurz und hält seine Pistole hoch,
"Macht !""Völlige
Macht über andere..,lächelt sieht in
die Runde und flüstert,"Macht über die ganze Welt ?"
Lubliner etwas verwundert,"Interessante Theorie."
"Und einfach zu verstehen..!",Jegor wieder lauter.
"Neue Menschen widerspruchslos
,so gehorsam",
Jegor mustert während diesem Satz Dinges,
"Kein Platz für Individualität.Lager und
Todesurteile für Untermenschen und Konterrevolutionäre.."
"Ihr seit betrunken ,Genosse Kommandant",fällt
Lubliner ihm ins Wort.Ein Vergleich ihrer Welt mit
der unseren ist Blasphemie."Der Kommandeur zuckt
grinsend die Schultern,"Weisst du mein Freund und Genosse.
wenn ich diese neuen Welten betrachte nehme ich vorher
immer einen kräftigen
Schluck.""Ich könnte sonst
in Versuchung geraten mir eine Kugel durch den Kopf
zu jagen."Jegor wendet seinen Blick wieder Dinges zu,
"Oder besser, ein paar von diesen Neuweltsaffen
zu erschiessen."
Er rappelt sich umständlich
hoch und stützt sich dabei
schwerfällig auf Dinges Schulter ab.Für einen kurzen
Moment sieht er ihm dabei fest in die Augen.Zufrieden
sieht er wie dessen Adamsapfel mehrmals den Hals hoch und
runterfährt.
"Diese
Schmerzen in meinen Knien.Es ist kaum noch
auszuhalten.Die Verhöre sind unterbrochen.Die Kommissare
haben sich in ein Zelt in der Nähe verkrochen.""Ich konnte
es sehen, weil ich eben noch vom "Schweigsamen" verhört wurde
und
mich deshalb aufrichten durfte."
Er spricht ausgezeichnet deutsch .. beide.""Überläufer ?"
"Wer weiss..""Viele Fragen über meinen letzten Vorgesetzten
Gustav Willhaus vom Lager Lemberg."Er fiel mir ins Wort,"Lwiw .."
klopfte
mir mit der Faust auf den Kopf.
"Na ja .. er war ein strenger Kommandant.Alles musste ordentlich,
eher penibel befolgt werden.Er war bei den Häftlingen und den
Wachmannschaften gleichermassen gefürchtet."
"Seine Appelle waren
berüchtigt.Im Winter vor allem.Er liess
krankgemeldete Häftlinge auf dem Platz erfrieren und um es zu
Beschleunigen in Wasserfässer stecken.Seiner Ansicht nach Drückeberger."
Der Schweigsame murmelte fast,"Drückeberger
..war da überhaubt ein
Arzt zugegen ?"Ich sah zu Boden,er griff in meine Stirnhaare und
zerrte meinen Kopf hoch."Nun ..?""Eine Krankenstation .. es gab eine
Krankenstation",erkläre ich schnell.Ich mag es nicht wie er mich ansieht.
Ich tat nur immer das was im Tagesbefehl geschrieben stand.
Er will wissen was Willhaus für ein Mensch war,ob ich ihn persönlich
kennen würde."Eine eher grobschlächtige Natur aber ein sehr besorgter
Kommandant zu seinen
Mannschaften",meine kurze Erklärung.Er tauscht sich
kurz mit seinem Begleiter aus.Sie nicken in meine Richtung schütteln
ihre Köpfe."Sein Stellvertreter Neumann dagegen war ein äusserst auf Kultur
bedachter Mensch."Hah
..",er brüllte beinahe,"Kultur besonnen ..was ?"
"Hat er Geige gespielt, während Willhaus Häftlinge von der Veranda aus
erschoss?"Sie unterhalten sich wieder auf Russisch.Ihr Lachen ist in seiner
Tonart nicht zu deuten.Ich nehme
an es ist Spott.Ich raffe mich auf und
obwohl ich dafür mit Prügel rechne,"Nein, nein ich meine wir haben uns
mal kurz über Nietsche unterhalten,als wir unter uns waren."
"Der hat Nietsche gelesen ?",entfährt es dem Begleiter
des Schweigsamen.
Er drängt sich vor,"Welche Schriften?"Seltsam, etwas euphorisches breitet
sich in mir aus.Ein Funken Hoffnung?"Der eurpäische Nihilismius",antworte
ich fast etwas zu laut."Nietsche steht bei uns auf dem Index",entfährt
es
dem Schweigsamen sieht seinen Nachbarn an,"wieso kennst du dieses Buch?"
Dieser sieht kurz zu Boden,"Zensur... ich war vor dem Krieg bei der Zensur-
behörde in Kiew.""Ist bei uns auch verboten..",der Schweigsame haut mir eine
runter."Du
sprichst nur wenn du gefragt wirst.
"Max ,das ist Teufelszeug.Wer hat dir diese Buch gegeben?",der Pfarrer war
ausser sich."Gefunden ..",war natürlich gelogen.Ich hatte es von Jakob
erhalten.
"Diese Schmerzen in meinen Knieen.Es
ist kaum noch
auszuhalten.Die Verhöre sind unterbrochen.Die Kommissare
haben sich in ein Zelt in der Nähe verkrochen.""Ich konnte
es sehen weil ich eben noch vom "Schweigsamen" verhört wurde
und mich deshalb aufrichten durfte."
Er spricht ausgezeichnet deutsch .. beide.""Überläufer ?"
"Wer weiss..""Viele Fragen über meinen letzten Vorgesetzten
Gustav Willhaus vom Lager Lemberg."Er fiel mir ins Wort,"Lwiw .."
klopfte mir mit der Faust auf den Kopf.
"Na ja .. er war ein strenger Kommandant.Alles musste ordentlich,
eher penibel befolgt werden.Er war bei den Häftlingen und den
Wachmannschaften gleichermassen gefürchtet."
"Seine Appelle waren berüchtigt.Im Winter vor allem.Er
liess
krankgemeldete Häftlinge auf dem Platz erfrieren und um es zu
Beschleunigen in Wasserfässer stecken.Seiner Ansicht nach Drückeberger."
Der Schweigsame murmelte fast,"Drückeberger ..war da überhaubt ein
Arzt
zugegen ?"Ich sah zu Boden,er griff in meine Stirnhaare und
zerrte meinen Kopf hoch."Nun ..?""Eine Krankenstation .. es gab eine
Krankenstation",erkläre ich schnell.Ich mag es nicht wie er mich ansieht.
Ich tat nur immer das was im Tagesbefehl
geschrieben stand.
Er will wissen was Willhaus für ein Mensch war,ob ich ihn persönlich
kennen würde."Eine eher grobschlächtige Natur aber ein sehr besorgter
Kommandant zu seinen Mannschaften",meine kurze Erklärung.Er
tauscht sich
kurz mit seinem Begleiter aus.Sie nicken in meine Richtung schütteln
ihre Köpfe."Sein Stellvertreter Neumann dagegen war ein äusserst auf Kultur
bedachter Mensch."Hah ..",er brüllte beinahe,"Kultur besonnen
..was ?"
"Hat er Geige gespielt, während Willhaus Häftlinge von der Veranda aus
erschoss?"Sie unterhalten sich wieder auf russisch.Ihr Lachen ist in seiner
Tonart nicht zu deuten.Ich nehme an es ist Spott.Ich raffe mich auf und
obwohl ich dafür mit Prügel rechne,"Nein, nein ich meine wir haben uns
mal kurz über Nietsche unterhalten,als wir unter uns waren."
"Der hat Nietsche gelesen ?",entfährt es dem Begleiter des Schweigsamen.
Er drängt
sich vor,"Welche Schriften?"Seltsam, etwas euphorisches breitet
sich in mir aus.Ein Funken Hoffnung?"Der eurpäische Nihilismius",antworte
ich fast etwas zu laut."Nietsche steht bei uns auf dem Index",entfährt es
dem Schweigsamen sieht
seinen Nachbarn an,"wieso kennst du dieses Buch?"
Dieser sieht kurz zu Boden,"Zensur... ich war vor dem Krieg bei der Zensur-
behörde in Kiew.""Ist bei uns auch verboten..",der Schweigsame haut mir eine
runter."Du sprichst nur wenn du gefragt
wirst.
"Max ,das ist Teufelszeug.Wer hat dir diese Buch gegeben?",der Pfarrer war
ausser sich."Gefunden ..",war natürlich gelogen.Ich hatte es von Jakob
erhalten."So, gefunden ...",äffte er mich nach und hielt mich am
Arm fest
,wie ein auf frischer Tat ertappten Verbrecher.
Die Ohrfeige brannte etwas.Aber Pastor Friedensreich war
kein sportlicher Mensch.Seine erzieherischen Watschen waren
nur bei den "Kleinen" gefürchtet.Ich stand vor der Klasse
zur Schau
gestellt am Pranger.Harrend der "Strafpredigt",die
nun folgen würde."Er hat dieses verderbende Werk noch nicht
einmal zu Ende gelesen",hielt das Buch hoch wie eine Trophäe.
"Schon kriecht die Sünde in unseren Max.Lügen und
Betrügen
sind die Eigenschaft der gottlosen Verderbtheit."ich richtete
meinen Blick heimlich zu Jakob.Er zwinkerte mir zu.In seinen
Gesichtszüge wähnte ich Spott oder Verachtung zu lesen.
Fasziniert sah ich ihm zu wie er
sich erhob."Das Buch hat er
von mir erhalten!"Der Klang seiner Stimme machte nicht den
Eindruck eines Geständnis.Der Pastor hielt inne und starrte
ihn mit steinernen Miene an.Ich spürte wie seine Hand an meiner
Schulter kurz
zuckte.Dann liess er sie los als wäre sie aus
glühenden Kohlen.Die zuckenden Lippen des Pastors formten sich,
aber Jackob doppelte nach,"ein Geschenk meines Vaters.Mit Verlaub."
Deutete mit dem Kopf eine kurze Verbeugung an.Friedensreichs
Stimme wurde viel sanfter,"Aber so ein Buch .. ich meine,so etwas
gehört doch nicht in Kinderhände.""Das sollte euer Vater doch wissen."
"Mein Vater bestimmt in seinem Haus, was er richtig hält!"
Er senkte etwas seinen Kopf.Er
war in seinem Alter bereits fast
einen Kopf grösser als der Pastor.Hämisch fügte er hinzu,
"Ihr könnt euch selbstverständlich bei meinem Vater beschweren."
Ich schielte etwas zur Seite wo der Pastor immer noch stand.
Ich weiss nicht genau was ich fühlte als ich in ansah.War es seine
Hilflosigkeit ob dem Verlust seiner Autorität.Sein mangelnder Mut
für seine Überzeugung weiter zu gehen.
"Er wird es nicht wagen..",Jakob drehte sich grinsend
um,"mein grosser
Held."Ich fragte ihn was passieren würde ,wenn er doch zu seinem
Vater ginge.Er lachte übermütig,"Mein Vater lässt ihm jedes Jahr
etwas Geld zukommen.Du siehst mein Held, sogar Gott kann man kaufen."
Mir war etwas mulmig zumute.Auf mein Zögern aufmerksam geworden.
"Max,du wurdest gerade Zeuge eines Zusammenbruchs einer Macht.
Im Verbund einer autoritären Ordnung ,wähnte er sich bis vorhin sicher."
"Jede Veränderung
,jedes laute Lachen weckt ihr Misstrauen."
"Ein einziges Buch,ein freier Geist erschreckt sie schon."
"Hab' kein Mitleid mit ihm.Der alte Kinderschreck hat es nicht
anders verdient"Was ist mit unserer Welt? So frage ich mich.Der Kaiser
ist fort.Mein Vater ist fort.Die Geborgenheit der alten
Werte .Nur noch Erinnerung.Diese neue Freiheit nach dem
grossen Krieg ist laut und schrill.Die Nachfolger auf des
Kaisers Thron.Sie klammern sich daran aber halten sich nicht.
Zu unruhig um eine sichere Zukunft zu sehen.Keine Nahrung für
die Sehnsucht nach Ruhe und Beständigkeit.Woran sollte man
glauben wenn man kein leichtes Herz wie jenes von Jakob hat?
Die Jakobs können überall gut leben.Aber
wir ?
"Neue Welt .. vergiss es",Jakob machte eine abwehrende Haltung
rückte sich im Sessel noch etwas bequemer."Wir werden hier eine
neue Welt aufbauen.Für uns und nach unserer Vorstellung."Trotzdem
wollte ich mehr über
Amerika wissen.Als Kinder haben wir die
Geschichten von Carl May,James Cooper,Jack London und nicht
zuletzt Mark Twain verschlungen."Hast du noch etwas aus ihrer
Welt gefunden?",ich warf meine Frage ein wie zum Protest.
Das kann doch
nicht nur einfach ein Jugendtraum gewesen sein?
Nur ein Hirngespinst unserer Neugierde ? Ich fühlte mich
etwas betrogen.Jakob schien zu verstehen was ich meinte.Seine
Gesichtszüge wurden ernster."Ja mein alter Freund es gibt sie
noch diese Abgeschiedenheit,die Indianer und Cowboys zumindest
in Filmen.Es ist aber auch eine moderne Welt geworden, wo es für
deine romantischen Vorstellung keinen Platz mehr gibt."Seine
Erklärung hatte etwas sanftes,fast tröstendes.
"Stell dir vor!Wir hier werden mitten in Europa eine neue
Welt aufbauen.Eine neue Gesellschaft,eine neue Ordnung und
eine neue Zukunft,wie du dir nicht einmal in deinen kühnsten
Träumen ausmalen kannst."Er schien aufgeregt zu sein
als er
dies aussprach. Ich kannte ihn ja seit frühester Jugend.
Ich erinnerte mich etwas amüsiert an seine Schwärmereien und
Tagträume, wenn wir durch die Wälder streiften oder abends
irgendwo noch am Feuer sassen.Diese
Lebhaftigkeit, der wir
kaum folgen konnten und zu unserem Bedauern den Mädchen so
gefiel.Offenbar bis heute."Das der bei der SA ist ,diesem
Schlägerhaufen",Frauke mehr zu sich selbst.Ihre Stimme klang
fasziniert und fast abwesend.Sie
runzelte die Stirne und sah mich
mit einem seltsamen Ausdruck an,"Ein geborener Verführer."
Es hatte aber nichts schwärmerisches in ihrer Aussage.
Eher Besorgnis."Er will zur SS",erkläre ich kurz.
Wieso verteidige ich ihn
? Ich eröffnete Frauke an diesem
Abend als wir schon im Bett lagen,dass ich es ebenfalls tun
würde.Sie drehte sich zu mir um."Zur SS ?",etwas ungläubig .
"Glaubst du es ist das was du suchst?""Was für eine
Funktion
hat diese SS?"
"Es bedeutet Schutz Staffel...",ich versuchte ihre Zweifel
zu zerstreuen.Schutz bedeutete zu dieser Zeit etwas Gutes.
Sie wurde plötzlich lebhafter,"Alle wollen eine neue Welt
und neue Menschen schaffen.""Die Nationalsozialisten
und
die Sozialisten.""Alle beide wollen die ganze Welt für
sich.""Es macht mir Angst.Und dir ?"Im schwachen Licht des
Schlafzimmers sah ich das Leuchten ihrer Augen.Nicht ängstlich
aber fragend.Ich rückte näher zu
ihr.Ihre Nähe und ihre Wärme
beflügelten meine Entschlossenheit."Die Nationalsozialisten
tasten nicht nach unserem Besitz",flüsterte ich.Jemandem der
nicht nach unserer Habe trachtet kann man eher trauen.""Alles
was
sie tun ist neu.Dieses Selbstvertrauen,die Berufung auf
Traditionen und Vertrautem.Damit kann ich leichter auf eine
neue Welt entgegen gehen.""Ich verstehe es besser und ich habe
das Gefühl besser verstanden zu werden.""Mit diesen Jakobs
sollte ich dir den Umgang verbieten",lacht etwas hell."Mein
Mäxchen hat nur noch Flausen im Kopf."
"Bedürfnis nach Schutz und Ordnung ?",die Stimme Lubliners
hebt sich an zum Schluss des Satzes."Das ist dein Motiv zum
Beitritt einer Verbrecherorganisation?"Er blickt nickend
zu seinen Kameraden,"Was heisst da die
Presse und Bücher haben uns nichts Schlechtes nachgesagt oder geschrieben ?"
"Ihr habt doch nur noch die eine Quelle !"
"Die Presse
hatte nur noch eine Stimme.Wie war !
Alle sprachen von einer neuen Ära.Das Gute und Böse
so klar definiert wie nie zuvor.Es war plötzlich so
einfach sich zu entscheiden oder zu handeln.Kein
Gedanke ,dass es falsche, schlechte
oder gar kriminelle
Handlungen sein könnten."Lubliner hört bis hier
aufmerksam zu.Nun unterbricht er mich,"Wie kann man
tausende Menschen töten und nichts daran falsch finden?"
Er stellt die Frage eher ruhig.Sein höhnischer
Unterton,
wie sonst gewohnt ist verschwunden.Es scheint einer
gewissen Neugier ,wie ich meine gewichen zu sein.
"Wie ich schon sagte ..Volksfeinde, Asoziale und andere
mehr",erkläre ich.Ich meine er müsste das doch verstehen.
Diese "Behandlung von Verbrechern" wird doch auch bei
ihnen praktiziert.Ich traue mich allerdings nicht zu fragen.
Seine Reaktionen auf Vergleiche sind jeweils äusserst heftig.
Der Hauptsturmführer im Dienst kühl und distanziert
öffnete mir die Tür und bat mich herein.Privater Umgang
mit gewöhnlichen Untergebenen entsprach nicht der Art
des Lagerkommandaten."Es ist Weihnachten,ihr seit befördert
worden und ihr könnt nicht nach Hause",freundlich
fast
väterlich schwang seine Stimme."Nur ein kleiner Imbiss unter
uns mit einigen Offizieren bei meiner Familie."Lässig in
die Lehne seines Sessels hinter seinem fast protzig wirkenden
Schreibtisch gelehnt.Er betrachtete mich
kurz und zog an
seiner Pfeife.Er liess eine bläuliche Wolke aus seinem Mund gegen
die Decke seines Büros steigen und sah ihr nach."Um acht ?"
seine Frage ähnelte eher einem Befehl.Ich teils verwirrt und
überrascht wiederholte
ihn und fügte noch so etwas wie "sehr
erfreut" oder ähnlich hinzu.Nun war ich in diesem grossen
Haus wo der Lagerkommandant sich jeden Abend zurück zog.Nahe
genug um schnell vor Ort zu sein.Aber auch weit weg genug.
Es ist
ein altes Gutshaus.Beschlagnahmt für dienstliche Zwecke.
Der Zweck,die Dienstwohnung des Lagerkommandanten und seine
Familie.Eine andere Welt.Es roch nach gebratenem Fleisch und
Gebäck.Irgendwo aus dem Haus war Kindergeschrei zu
hören.
Nur zögernd folgte ich ihm ins Herrenzimmer wo schon einige
Offiziere des Lagers sich unterhielten,rauchten und die
angebotenen Erfrischungen genossen.Die Stimmung war ausgelassen.
Noch immer etwas verwirrt nahm ich die
überschwenglichen Gratulationen
entgegen.Meist schulterklopfende Anerkennung was in mir das Gefühl
der Zugehörigkeit zu etwas Besonderem verstärkte.
Die Dame des Hauses,die Frau des Lagerkommandanten
war eine exzellente
Gastgeberin.Für jeden von uns ein
freundliches Wort,ein freundliches Lächeln und ihr
Geruch aus der Nähe liess unseren Alltag verblassen.
Dankbar empfing auch ich ihre Aufmerksamkeit.
Fragte nach meiner Frau und nach Knut.Ich
fühlte mich
plötzlich leicht und rein."Wissen sie wir wohnen hier
ganz ordentlich und die Kinder haben einen Hauslehrer,"
"Aber von allem anderen sind wir schon sehr isoliert."
Lächelnd zustimmend nicke ich.Dankbar etwas
anderes zu
hören als den Lageralltag.Heute haben wir 500 Einheiten.
Es wird von uns erwartet ,dass die Kapazitäten verdoppelt
werden usw. .Wie aus dem Nebel taucht ihre Stimme zurück
in mein Bewusstsein,"Die Winter sind zwar
kalt aber angenehmer.
Die Winde vom Norden treiben den Gestank der Hochöfen
in die andere Richtung."Hochöfen ?"Mein Mund blieb offen.
Ich drehte meinen Kopf nach links und sah direkt in des
Kommandanten Augen.Es war plötzlich
sehr still im Raum.
Der Kommandant trat herbei ein freundliches Lächeln auf
seinen Lippen.Nur seine Augen hatten ein seltsames Glitzern.
Er fasste seine Gattin um die Hüfte und erkundigte sich
nach dem Stand der Mahlzeit.Sie
zuckte etwas verwirrt die
Schultern und verliess den Raum.Wie ich vermute um in der
Küche nach dem Rechten zu sehen.Der Kommandant sah ihr nach
als wollte er sich versichern ,dass sie ausser Hörweite sei.
Drehte sich um und blickte
fast entschuldigend in die Runde.
"Wir wollen unsere Frauen ja nicht mit dem Russ unserer Arbeit
belästigen."Verhaltenes Lachen unsererseits.Ich war froh,
dass aus dem Zwischenfall keine weiteren Folgen entstanden.
Der Zwischenfallwar
schnell vergessen.Ich vermied
aber die Nähe des Kommandanten an diesem Abend.
Wir tranken auf den Führer ohne an ihm zu zweifeln.
Wir genossen mit Stolz die Anerkennung Himmlers unserer
geleisteten Einheiten im letzten Jahr.Machten
verhaltene
Witze über Göbbels.Sturmführer Scholz ahmte seine Stimme
nach ,von wegen vorwärts Marschieren, und zog seinen Fuss
gleichzeitig nach.Die um in versammelte Gruppe fiel in
dröhnendes Gelächter.Über
Göbbels und Göring durfte man
Witze machen.Wenn auch leise.
"Göring dieser fette Angeber..",Frauke schnaubte wütend
angesichts der Schäden durch die britischen Bomber.
Hatte er nicht versprochen, dass seine Luftwaffe
genau dies
verhindern werde? Sie schaltete wütend den Volksempfänger aus.
Görings Ansprache an den Willen des deutschen Volkes dieses
Los mit Stolz zu tragen hatte ihr nicht gefallen."Dieser
Fettwanst hat gut reden ..",ihre
Augen hatten sich zu schmalen
Schlitzen geformt,"er sitzt da in seiner Villa in Sicherheit."
Warum hatten sich gerade solche Szenen aus meinem eher knapp
bemessenen Urlaub in der Heimat so festgesetzt.
Diese kurzen Tage.Ich hatte mich
jeweils so darauf
gefreut.Die Freude währte nicht lange und ich musste
feststellen dass,selbst die Heimat kein Ort der Ruhe
mehr war.Alles was man liebte und wofür ich zu kämpfen
glaubte nicht sicher war.Die Gegenwart
des Krieges war
auch hier da ein ständiger Begleiter.Viel schlimmer noch.
Eine ständige Bedrohung. Zerbombte Städte,Rationierung
und die wiederkehrenden Luftalarme.Alles was man liebte.
Alles was vertraut war wurde nun
zerbrechlich oder
verletzlich.Über den Glanz meiner neuen Welt hatte
sich diese dünne Schicht Staub des Unheils gelegt
wie nach einem Luftangriff.
So habe ich mir das nicht vorgestellt.
Ich sehe kurz auf.Mir ist kalt.Lubliner
sieht mich
von der Seite an.Versucht er meine Gedanken zu lesen?
Ich wende den Kopf nach unten.Zu spät!Ich höre das
Scharren seiner Stiefel neben mir."Was grübelst du
Faschist?"Ich schlucke kurz.Er wird ungeduldig.Ein
kurzer Tritt gegen meine Waden.Obwohl durch das
ständige kniende Haltung gefühllos geworden zuckt
ein brennender Schmerz den ich glaubte bis in den
Nacken zu spüren."Antworte gefälligst ..!" Sein
Ton hat sich geändert.Wieder
einmal wie so oft
während seiner Verhöre."Nach ein paar Stunden in
dieser Haltung verliert man völlig die Kontrolle",
erklärt er mit hämischer klingender Stimme."Das
haben wir von euch gelernt."Er hat recht ich
bekomme
kaum noch Luft.Mir ist übel und alles schmerzt auch
wenn ich mich nicht bewege.Aber wir haben das doch nur
bei widerspenstigen Häftlingen ...! Mit einem flüchtigen
Schlag mit der flachen Hand auf den Kopf mahnt
er meine
Aufmerksamkeit an."Dein Freund ? Dieser Jakob ?"
Auch wenn ich mein Kopf wie verlangt vornüber gebeugt
halte spüre ich seine Blicke auf mir ruhen."Er hat dir
also geraten dich bei der SS freiwillig zu melden?"
Ich
nicke nur.Er machte es sich vor mir auf dem Boden
bequem.So nahe ,dass ich ihn atmen hören kann.
"Was macht dein Freund heute? Ist er einer deiner
Vorgesetzten?"Ich schüttle den Kopf."Nein ?"Ich scheine
seine Geduld zu strapazieren."He
, nicht einschlafen!"
"Wo ist er jetzt ?"Ich antworte als würde ich eine lästige
Fliege abschütteln."Er ist tot !"Ich schreie es fast aus.
Lubliner zögerlich."So also tot!""Gefallen?" Schwer zu
sagen ob der Schmerz
aus meinen Gliedern oder aus den
Erinnerungen gösser ist." Nein ,nein Hochverrat !"
Die Neugier scheint Lubliner zu beflügeln." Erzähl mal !"
Es war keine Bitte.Sein Fuss drückt gegen meine tauben
Knien."Die Nacht
der langen Messer!"Antworte ich und staune
selbst über meine Heiser wirkende Stimme.
"Nacht der langen Messer ?"Lubliner sieht mit nachdenklichem
Gesicht zur Seite.Fast schien es als würde er die Antwort in
den Bäumen
suchen.Mit einem kurzem Zucken wendet er sich mir
wieder zu.Sein Gesicht hat sich entspannt,"Den Röhm - Putsch
meinst du ?Ich nicke kurz.Ich hoffe insgeheim er fragt nicht
weiter.Selbst in meinem gegenwärtigen Zustand steigt etwas
Schmerzhaftes in mir hoch.Ein starker Druck in meinem Hals
schnürt mir fast die Kehle zu.Ich wünsche,dass sein Interesse
damit gestillt ist.Zu meinem Betrübnis scheint in gerade dieses
Thema zu faszinieren,"Du warst dabei
?Wie viele hast du getötet?
"Los mach den Mund auf!"Den letzten Satz schreit er so laut,dass
sich ein Bewacher misstrauisch mir näherte.Den Kolben seines
Karabiners zum Schlage ausholend. Lubliner schrie ihm etwas zu.
Der Angesprochene
senkt seine Waffe und mustert mich mit hasserfüllten
Blicken.Lubliner bedeutet ihm mit einer Handbewegung sich zurück
zu ziehen.
"Du warst also dabei ..?",sein Gesicht ist jetzt ganz nah vor meinem.
Ich kann seinen Atem riechen.Ich
sehe die Poren seiner Gesichtshaut
ganz deutlich.Auch das leichte Zucken in den Augenwinkeln und um den
Mund.Irgend etwas an dieser Sache scheint ihn aufzuregen."Los ..!",
drängt er wieder."Nein, ich war nicht direkt dabei.Wir haben uns
verspätet",erwidere ich ihm."Verspätet ?",sein Kommentar klang etwas
nach Spott."Euer Führer ruft euch und ihr kommt zu spät..ha !
"Stalin hätte euch dafür auf der Stelle erschiessen lassen", mischt sich
der
Schweigsame ein.Lubliner dreht sich verägert nach ihm um.Brüllt ihn
auf russisch an.Dieser entfernt sich darauf mit gesenktem Kopf.
Lubliner dreht sich wieder zu mir.Seine Züge haben sich verhärtet.
"Kopf runter !",mit der
flachen Hand auf meinem Kopf verschafft er seiner
Anweisung Nachdruck.Mit einem Ruck erscheint der durchwühlte Waldboden
wieder vor meinen Augen.Direkt vor meiner Nase hat sich eine Pfütze
gebildet.Schmutzig braun und ölig schimmert
die Oberfläche.Ich kann mich
nicht erinnern wann ich das letzte Mal getrunken habe.Mit einer Mischung
aus Eckel und Velangen nach Erleichterung senke ich meinen Kopf ganz
langsam darauf zu.
Nein der Führer hat uns dafür
nicht bestraft.Die Bereitstellung und der
Transport hatte zu viel Zeit gekostet.Als unsere Kompanien der Leibstandarte
in München eintrafen war alles schon vorbei.Der Führer selbst hätte es
erledigt.So hat man berichtet.Er selbst
hat mit hohem Risiko seine grössten
Widersacher ausgeschaltet.Er verschaffte sich damit grosse Achtung
in gewissen Kreisen.Nicht wir seine Schutz Staffel sondern er selbst an
der Spitze der bayrischen Polizei."Wie Verbrecher und
nicht als Widersacher"
Dietrich unser Kommandant nickte anerkennend.
Die Gänge waren in dieses fahle Licht getaucht.Diese dadurch düster
wirkende Stimmung sollte jede Hoffnung,jede Erwartung auf Erlösung im
Keim ersticken.So
schien es mir jedenfalls.Die SA Führung war in
Stadelheim eingekerkert und wurde nun aus den Zellen zur Aburteilung
geholt.
Es riecht nach Leder unserer Stiefel, nach abgestandenem
Wasser. Einem Schlachthaus ähnelnd.Die Sinne
wurden
verwirrt und doch gestärkt durch diese Eindrücke welche
die finale Handlung der Entmachtung der SA begleiteten.
Das Rasseln der Schlösser, das Getrappel der Stiefel in
den Gängen alles drang wie ein Trommelwirbel
des Unheils
an mein Ohr.Die Häftlinge aus den Zellen gerissen.Teils
einfach nur müde und gefasst.Andere deren Gesicht mit
Entsetzen gezeichnet ,jammernd um ihr Leben flehend.
Es ist vier Uhr früh und um diese Zeit aus
der Zelle
geholt zu werden bedeutet das Schlimmste.
Die Zelle hundertsiebzehn wird geöffnet.Das metallische
Klicken des Schlosses drang seltsam laut an meine Ohren.
Die Zellentüre öffnet sich und das fahle Licht in der
Zelle
lies nur schemenhaft Gestalten erkennen.
"Los rausgetreten ... wird's bald!",unser Junker hält
die Liste mit angewinkelten Armen vor sich hin.
Als müsste er Kartoffelsäcke zählen. Wie durch einen
Vorhang
nehme ich die Geräusche und das Gebrüll auf
den Gängen jetzt war.Meine Grundausbildung erst vor
2 Wochen abgeschlossen und dann zur Leibstandarte
zugeteilt."Wichtige Aufgaben und nur der Verantwortung
des Führers
unterstellt."Dietrich schritt unsere Reihen
ab.Er sah jeden von uns an als würde er jedem von uns die
perönliche Zusicherung zur Loyalität der Sache einfordern.
Es war bei unserer Vereidigung auf den Führer.Dass es ein
persönlicher Bund zwischen ihm und uns wäre,wurde nochmals
eindringlich erklärt.Mit lauter Stimme hat Dietrich uns an
unsere heilige Pflicht erinnert, welche alles von uns
abverlangte.Eine verschworene Gemeinschaft im Kampf
für
Führer und Vaterland.Ehrenhaft wie unsere Ahnen würden
wir uns in der Geschichte verewigen.An unseren Mut und
unsere Stärke wurde appelliert alles zu opfern für die Sache.
Der Führer selbst wurde erwartet.Nervös
kontrollierten unsere
Unteroffiziere, ja sogar die Offiziere selbst unsere Ausrüstung,
die Reihen auf Geradlinigkeit.Begleitet mit Gebrüll wurde
korrigiert und gemassregelt.Stunden vor seinem Eintreffen.
Marschieren, der Gleichschritt
sollte hörbar sein.Dieses
rhytmische Trapp,trapp das eine Gruppe Soldaten zu einer
Einheit vereint wie der Hammer einer Schmiede.Gleiche Richtung
gleiche Ziele .. geordnet, geführt .. im Gleichschritt.
Mein Bedürfnis nach
etwas Aufheiterung in meiner
Situation führt mich in die Erinnerung an meine
knappen Heimatsurlaube.Etwas Abstand von der
ständigen Gegenwart des Todes.Glück dem, der
einige Zeit alldem entfliehen konnte.Glück ?
Auch das ist ein rares Gut geworden.Und von
Aufheiterung oder gar Erholung konnte keine Rede
sein.Am Bahnsteig stand sie mit Knut und hatte
stundenlang gewartet.Der Zug hatte Verspätung
wegen der zahlreichen Bombardierungen.Der
Bahnhof
eher ein Trümmerhaufen und gleicht den Bahnhöfen
unserer Feinde.Keine idyllische Kulisse oder
fröhlich begeisterter Jubel ,wie anfangs.
Wie Mahnfinger ragen die Reste des Bahnhofsgebäudes
empor und erinnerten
mich an die Zerbrechlichkeit
meines Glücks.Mitten in dieser Verwüstung standen
Frauke und Knut.Unversehrt,etwas Müde wie mir schien.
Monatelang hatte ich diesen Augenblick herbeigesehnt.
Wie eine Ikone habe ich das etwas
zerknüllte Foto
aufbewahrt und wann immer mir danach war zur Betrachtung
hervorgekramt.Mein Blick schien jeweils darauf fixiert zu
bleiben, wie der eines Verdurstenden auf eine Wassersäule.
So sauber und doch fast entfremdet.Daran
fest halten,
wollte ich mich.Vergessen und erklären zugleich.Einen Sinn?
Meinen Sinn. Der Sinn unserer Sache? Ich englitt meist der
Wirklichkeit in diesen kurzen Pausen. War das noch normal?
Ich atmete tief durch und sah auf.Ich hatte
den Häftling
gar nicht bemerkt.Wie lange hatte er mich beobachtet?
Unsere Blicke kreuzten sich.Seine Augen hatten einen
seltsamen Glanz.Ich mochte nicht wie er mich ansah.
"Was machst du hier ?",brülle ich ihn an und lasse das
Photo
in meiner Tasche verschwinden.
"He ,was machst du...Faschist.?" Lubliners Stimme ist ganz nah.
Ich spüre wie das Wasser an meinem Gesicht abperlt.
Ich stammle eine Entschuldigung.Er schubst mich mit einem Tritt.
Die Schmerzen
und mit Lubliner kommt die Dunkelheit zurück.
Auch das Licht, selbst am Tage ist selten geworden.
Lubliner hat sich vor mich hingehockt.Mustert mich als wäre
ich seine Beute.Ich bin seine Beute und trotzdem fühle ich so
etwas
wie Erleichterung wenn er sich entschlossen hat mich zu
verhören.Fast muss ich lächeln.In dieser Stunde ist mein grösster
Feind der Einzige der mir am Nächsten zu stehen scheint.
Er mustert mich neugierig. Andere Regungen
bemerke ich nicht.
"Als ihr Lviv eingenommen habt.Da war eure Einheit auch dabei.
Nicht wahr ?"Er klopft mit seinem Notizblock auf meine Stirne.
He , aufpassen!"Seine Stimme wird schroffer.Ich nicke mit dem Kopf.
"Im Gefolge der Wehrmacht
habt ihr nach der Eroberung alle
jüdischen Bewohner zusammen getrieben."Ich hole etwas Luft.Aber meine
Stimme krächzt vor Durst und Erschöpfung seltsam heiser,"Auf Befehl
des Führers sind alle Volksfeinde in den besetzten
Gebieten unmittelbar
nach dem Einmarsch zu bemächtigen und auszusortieren." Für kurzen
Augenblick herrscht Stille."Das hast du aber schön aufgesagt mein
grosser Arier.""Bemächtigen ..Aussortieren!",Lubliner mehr ironisch
denn nachdenklich."Und dann ..?",Lubliner beugte sich zu mir vor
als sucht er an mir eine undichte Stelle. "Es wurde so befohlen!",
erkläre ich."Auf Befehl eures Führers..!""Auf Befehl des Führers
Männer ,Frauen und Kinder
aussortieren."Er hält inne.SeineVerachtung
nehme ich war und sehe ihm zu wie er in seinen Taschen etwas zu suchen
scheint.Triumphierend hält er meine Fotographie von Frauke und Knut
vors Gesicht.Nur kurz.Er winkt einer Wache und händigt
ihm die Aufnahme
aus.Er unterhält sich mit ihm auf russisch.Sie richten ihre Blicke
auf mich.Lubliner fasst mich mit festem Griff am Kinn damit ich meinen
Blick nicht abwenden kann.Die Wache zerknüllt mit hämischem Grinsen das
Foto, schlendert zum Feuer und wirft es in die Flammen.Lubliners Augen
scheinen mich während der ganzen Handlung festnageln zu wollen.
Sein Wesenszug wird fast sanft,"Bemächtigt,Aussortiert ..Asche."
"Einheiten ..",Lubliners Stimme
hat sich verändert.
"Du sprichst von Einheiten.""Was ist damit gemeint?"
Er versetzt mir einen Stoss gegen die Schulter um seiner
Frage Nachdruck zu verschaffen.Ich fühle mich etwas
genervt durch diese Fragerei.Ich bin Unteroffizier
und befolge nur meinen Befehlen.
"Es gibt verschiedene Kategorien von Einheiten, dessen Quoten
pro Tag unbedingt erfüllt zu werden sind." Die Erregung
in Lubliners Stimme war nicht zu überhören,"Eine Anzahl
Menschen
sind damit gemeint.""Nicht wahr?"Mein Zögern
versteht er offenbar als meinen Widerwillen zu kooperieren und scheint
ihn zornig zu machen.Er fasst mich am Ohr und drückt meinen
Kopf auf den weichen Boden."Ich will das Wort Menschen
hören
und nicht Einheiten.Hast du das verstanden?"Ich bin etwas
irritiert ob seiner Reaktion,"Ja doch,ja doch..",schnaufe ich
meine Lippen vom Boden weggewandt.Er löst seinen Griff und
fasst unter mein Kinn.Mit einem Ruck hebt
er meinen Kopf so an,
dass ich im direkt in die Augen sehe.""Menschen nicht Nummern."
********************************************************************************************
Was ich aus meinem Leben gemacht habe?
"Was hat sie dazu
bewogen sich bei uns zu berwerben?"
Die beiden SS Offiziere liessen mich nicht aus den
Augen."Ich .. ich habe ihr Plakat gesehen", etwas
anderes fiel mir nicht ein.Einer der beiden,er wirkte eher
wie ein Arzt denn ein Soldat schmunzelte,
runzelte die Stirn,
"Ein Plakat .. und schon fallen sie uns mit der Tür ins
Haus?" Meine Antwort schien sie zu amüsieren.Ich hatte
mir doch alles zurecht gelegt und dann fiel mir nichts weiter
ein als das Werbeplakat.Natürlich
war das Plakat der Auslöser.
Es bewegte etwas in mir das ich nicht gut erklären konnte.
Ich wollte dabei sein.Eine Aufgabe.Klare Ziele.Wissen was
der nächste Tag bringen würde, das nächste Jahr.Dabei sein
mit
starker Führung in eine neue Zukunft.Aber ich hatte
Angst es auszusprechen.Hohe Ziele,wer bin ich den schon.
Die würden mich ja doch nur auslachen.Fast bereute ich es
mich gemeldet zu haben.
Die ruhige Stimme des.. ach
ja Hartnagel hiess er.
Sturmbannführer Hartnagel.Hatte vor dem Krieg Philosophie
studiert, dann Kriegsfreiwilliger.Seine ruhige Stimme gab
mir meine Sicherheit wieder."Ich habe mich gefragt, ob mein
Leben so wie es bisher verlief,
mit meinen persönlichen
Wünschen im Einklang ist."Hartnagel lächelte milde,
" .. und die Antwort war nein?""So ist es ,Sturmbannführer."
Meine Antwort schien in zumindest zu überraschen, zumal mit
meiner zunehmenden
Sicherheit auch meine Antworten fliessender
und meine Stimme fester wurden."Sie haben Familie und eine gute
Stellung bei den Stahlwerken.Genügt ihnen das nicht?"Hartnagel
lehnte sich zurück.Die Unterhaltung schien ihm zu gefallen.
"Sonst wäre ich nicht hier .. oder nicht?",antwortete ich und
musste meinen Eifer etwas zügeln.Ich könnte ja für Respektlos
gehalten werden.Er fragte mich aus über meine Jugend im Harz.
Meine Familie und Freunde.Ich
erwähnte Jakobs Rat der SS
beizutreten.Was ich in der Freizeit so machen würde.
"Lesen sie?""Haben sie "Mein Kampf"gelesen?"Sein Nebenmann blickte
plötzlich auf.Ich zuckte mit den Schultern.Nietzsche hatte ich nicht
erwähnt."Das
sollten sie aber."Im mahnenden Ton."Pflichtlektüre bei
uns."Mit Betonung auf "Pflicht".Ich fragte mich, ob ich nicht einfach
hätte ja sagen sollen."Sie werden von uns hören", verabschiedete
er sich freundlich.Er stand sogar auf
und gab mir die Hand.
Sein Gegenüber nickte nur kurz.Mochte er mich nicht? Das ging
mir durch den Kopf als ich den Raum verliess.
"Na Kollege Lang,was meinen sie zu unserer Unschuld vom Lande."
Hartnagel drehte sich ihm mit lässig
gekreuzten Beinen zu.
"Also ich weiss nicht recht."Lang wiegte seinen Kopf um seinen
Missmut zu unterstreichen."Etwas naiv .. desinteressiert .. !"
Hartnagel fiel im ungeduldig ins Wort,"Formbar."Ohne auf eine
Antwort zu warten fuhr er
fort,"Gutes Material .. glauben sie mir
werter Kollege.""Glauben sie es mir."Er wiederholte sich als ob er
einen Eid darauf schwören müsste."Einfach , aus gesunder
sozialer Umgebung,pflichtbewusst und ehrlich.Was sie als naiv be -
zeichnen.Uner Führer hält das für eine Tugend."
Lang versuchte möglichst ironisch zu wirken,"Das sind
ihre Erfahrungen mit diesen Typen aus dem Krieg, ich weiss."
"Ganz richtig..Kollege Lang.Loyal,stellen keine Fragen und
sind
kaum zu destabilisieren.Hervorragendes Material",Hartnagels Stimme
wurde schneller und neigte fast zum Überschlagen.Lang wurde fast
wütend ob dieser Euphorie,"Und diese Bekanntschaft mit diesem
SA Kader? Macht sie das nicht
misstrauisch ?" Hartnagel lachte kurz.
"Na wenn schon.Wie sie es schon bezeichneten .. naiv.""Jugendfreunde.
Nichts weiter.""Zum Spionieren hätte ich den bestimmt nicht aus -
gesucht."
********************************************************
"Einheiten ..",Lubliners Stimme hat sich verändert.
"Du sprichst von Einheiten.""Was ist damit gemeint?"
Er versetzt mir einen Stoss gegen die Schulter um seiner
Frage Nachdruck zu verschaffen.Ich fühle mich etwas
genervt durch
diese Fragerei.Ich bin nur Unteroffizier
und befolge nur meinen Befehlen.
"Es gibt verschiede Kategorien von Einheiten, dessen Quoten
pro Tag unbedingt erfüllt zu werden sind." Die Erregung
in Lubliners Stimme war nicht zu überhören,"Eine
Anzahl
Menschen sind damit gemeint.""Nicht wahr?"Mein Zögern
versteht er offenbar als nicht kooperativ und scheint
in zornig zu machen.Er fasst mich am Ohr und drückt meinen
Kopf auf den weichen Boden."Ich will das Wort Menschen
hören
und nicht Einheiten.Hast du das verstanden?"Ich bin etwas
irritiert ob seiner Reaktion,"Ja doch,ja doch..",schnaufe ich
meine Lippen vom Boden weggewandt.Er löst seinen Griff und
fasst unter mein Kinn. Mit einem Ruck hebt
er meinen Kopf so an,
dass ich im direkt in die Augen sehe.""Menschen nicht Nummern."
Als hätte er ein gutes Mahl genossen lehnt er sich mit
zufriedener Miene zurück.Za, so nennen sie ihn, tritt hinter ihn.
Auch er Kommissar oder
etwas in der Art. In dieser Partisanen Einheit
scheint es mehr Politfunktionäre zu haben als Kämpfer.Vielleicht
bekleiden sie auch beide Funktionen. Za Scherbaum ebenfalls aus
Galizien.Ursprünglich Gerichtsdiener beim Bezirksvolksgerichtshof.
Lange Namen sind sehr beliebt im Sozialismus. So wie bei uns die Gauleiter,
Dienstleiter, Unterführer, Oberführer und so weiter. Wahrscheinlich
mit ähnlichen Privilegien und Machtfülle ausgestattet.Befohlen und
kontrolliert
wird von oben nach unten. Eine Pyramide an deren Spitze
ein Führer oder Genosse sitzt. Nach unten die Ober - und Unterführer
oder - genossen mit der Weiterleitung der Befehle und deren Überwachung
der Ausführung betraut.Lange
Namen sind sehr beliebt im Sozialismus. So wie bei uns die Gauleiter,
Dienstleiter, Unterführer, Oberführer und so weiter. Wahrscheinlich
mit ähnlichen Privilegien und Machtfülle ausgestattet.Befohlen und
kontrolliert wird
von oben nach unten. Eine Pyramide an deren Spitze
ein Führer oder Genosse sitzt. Nach unten sind die Ober - und Unterführer
oder - genossen mit der Weiterleitung der Befehle und deren Überwachung
der Ausführung betraut.
"Sehr einfach nicht wahr?" Lubliner wirkt etwas erstaunt auf meine Ausführung.
Ich habe den Eindruck, als würde ihn die Unterhaltung amüsieren.
Zumindest erhalte ich zur Zeit keine seiner berüchtigten Watschen oder
Tritte. Noch nicht mal wegen der Bemerkungen der Genossen."Das macht es so
einfach", wiederholt er leise und fast nachdenklich.
"Ein Teil einer Befehlskette zu sein. Verantwortlich für deren Ausführung.
Aber nicht für deren
Auswirkung.""Fühlst du dich damit sicher, mein grosser
Arier?""Schliesst das deine Ohren, wenn ihr den Müttern die Kinder entreisst.
Trübt es deine Augen, wenn nach den Salven eurer Karabiner die Körper in
den Gräben
leblos zusammenbrechen?" Seine Augen haften auf mir.Er scheint
meine Reaktionen lesen zu wollen.Scheint zurück auf seiner Spur zu sein.
Laut Führerbefehl sind Kommissare nach der Gefangennahme auf der Stelle
hinzurichten. Diese Glieder
der Kommandokette des feindlichen Regimes
scheint man mehr zu fürchten als die Feuerkraft ihrer Kämpfer.
Die Exekutionen werden widerspruchslos ausgeführt. Führerbefehle zu
hinterfragen ist Hochverrat.
Abgesehen seiner
Bewaffnung macht Za Scherbaum wirklich keinen furcht
einflössenden Eindruck. Ein waches lebhaftes Augenpaar hinter einer
Nickelbrille umrahmt von einem schmalen Gesicht. Halb verdeckt durch
den Rand einer etwas seitlich aufgesetzten Schirmmütze.
Seine eher
jungenhafte Erscheinung wird dadurch noch verstärkt.
Sie unterhalten sich.Ich verstehe kein russisch. Ich darf mich sogar
in eine etwas bequemere Position aufrichten. Die Schmerzen lassen etwas
nach. Ich sehe wie die beiden
ihre Gesichter der äussersten knienden
Person zu wenden. Ich glaube es ist Sturmmann Gruber. Seine Gestalt ist
kaum noch als Schatten zu erkennen. Er scheint auf die Tritte seiner
Bewacher nicht mehr zu reagieren. Lubliner ruft drei am
Feuer sitzenden
Partisanen etwas zu. Diese erheben sich.Betrachten kurz die kauernde
Gestalt. Einer von ihnen ruft etwas in unsere Richtung. Lubliner und
Scherbaum schweigen. Ich sehe wie der Rufende am Holster an seinem Gürtel
nestelt
und eine Pistole zieht. Er zielt und drückt ab ohne zu zögern.
Ich hatte den Mund zu einem Zuruf geöffnet aber es war zu spät. Noch vor
einer Minute hatte ich so etwas wie Zuversicht gefasst. Etwas wie Hoffnung
doch noch
zu überleben.Lubliner und Scherbaum sehen offensichtlich ungerührt
zu wie Grubers lebloser Körper weggeschleift wird. Wie lästiger Abfall werfen
sie seine Leiche einen kleinen Abhang hinunter. Die Erkenntnis meiner,
unserer
Ausweglosigkeit empfinde ich schlimmer als jeden Tritt meiner
Bewacher.
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Der Zug kam ruckend zum Stehen. Wie so
oft auf meinen Fahrten in den Urlaub.
Sie werden immer seltener. So nebenbei bemerkt.
Doch diesmal .. "Hier muss ich ja aussteigen!" Ich taste nach meiner
Ausrüstung. Schlaftrunken stolperte ich aus dem Abteil zum Bahnsteig.
Frauke
hatte mich gesehen.Sie hatte sich auf die Zehen gestellt. Ihren
schlanken weissen Hals gereckt. Winkte mir zu mit einem Lächeln das
ich so vermisste. "Wie hübsch sie doch ist", durchfuhr es mich.
Und betrachte sie während ich
mit klopfendem Herzen auf sie zuschritt.
Sie blieb wie immer etwas unschlüssig wirkend stehen. Als wollte sie
sich vergewissern ,dass sie sich auch nicht geirrt hatte. Sie bückte
sich zu Knut und zeigte auf mich.Beide richteten ihren
Blick wieder
auf mich. Etwas gerührt betrachtete ich jeweils Knuts etwas verunsicherten
Ausdruck im Gesicht. Sechs Monate waren eine lange Zeit. Mein Mund fühlte
sich trocken an. Die Unsicherheit Knuts und die etwas sorgenvoll erscheinende
Haltung Fraukes gefielen mir nicht. Wir sehen uns immer seltener.
Unsere gewohnte Nähe nur noch durch lange Briefe gehalten. Es störte mich,
wenn diese ersehnten Augenblicke etwas getrübt wurden durch die Erkenntnis,
dass ausgerechnet
meine geliebtesten Menschen sich so weit entfernten von mir.
Also winkte ich ihnen so fröhlich wie es mir möglich war zu. Dabei war ich
so endlos müde. Hätte mich nicht ein Mitfahrender geweckt, ich hätte glatt
verschlafen.
Der Gedanke daran löste mir fast Krämpfe im Magen aus.
Jedes Mal wenn ich vor ihnen stehe, wusste ich nicht wen ich zuerst
in die Arme schliessen sollte. Frauke nahm mir die Entscheidung ab.
Ich hörte kaum ihre Worte der Begrüssung,presste
sie an mich und schloss
für einen Augenblick die Augen. Ich zog ihre Blume tief durch meine Nase
als würde ich eine Wiese an einem Frühlingstag betreten. Knut zerrt an meinem
Hosenbein. Nicht mehr so scheu und ängstlich
wie das letze Mal. Selbstbewusst,
fordernd verlangt er nach Aufmerksamkeit. Ich hebe ihn hoch."Na mein Grosser
erinnerst du dich noch an mich?" Ich drücke ihn an mich und spüre seine
Hände an meiner Brust. Er versucht mit aller
Kraft den Kuss abzuwehren.
"Nationalsozialistische Verhaltensregeln für die Vater - Sohn Beziehung",
hörte ich Fraukes Stimme. Ihr Blick hatte etwas Schelmisches," Zärtlichkeiten
sind weiblich." Sie kam etwas näher und lächelte,"
Streicheln darfst du nur
noch Mutter und Tochter."Sie hackte sich bei mir unter,"Wenn dir also danach
ist musst du dir etwas Mühe geben."Ich mochte wie sie den Kopf dabei etwas
zurückwarf und kurz lachte. "Du .. ihr habt mir so gefehlt."
Sie senkte kurz lächelnd den Kopf und drängte sich noch näher.
Nicht nur aufflammende Leidenschaft ,die Erkenntnis was mir
das alles bedeutete rückte wie die Schübe eines Wechselfiebers
ins Bewusstsein. Es benebelte
mich wie starker Alkohol und liess
mich für die nächsten Schritte wanken wie im Vollrausch. Wie
konnte ich nur daran zweifeln. Ich wandte meinen Blick zu ihr.
Schaute ihn ihren klaren offenen Augen."Ich lie...!""Hey Papa,
darf
ich deinen Helm tragen?""Oooch bitte ,bitte ich mache ihn
bestimmt nicht kaputt!", zerrte ungeduldig an meiner Feldhose.
Scheinbar hatte er bereits festgestellt ,dass dies die effektivste
Methode meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken war.Er
wollte sie ohne
Verzögerung.
Die letzten Monaten wie weggewischt. Kinder lernen schnell. Für sie ist
es ein Spiel.Sein "Heil Hitler" spricht er lachend, mit Begeisterung aus.
In der Schule wurde schon allerhand Neues gelernt.
Von Helden und
Übermenschen, von reinen Rassen und klar definiertem Feinden. Die
Zukunft unserer Welt als ein Spiel gefasst.
ich hatte viel von seinen wenigen Jahren verpasst und ich suchte
instinktiv nach Zügen, die den meinen
ähneln könnten.
**********************************************************************
Jegor spitzt seine Lippen und bläst mit kreisender
Bewegung über den Rand des Glases mit dem dampfenden
Tee. Seine Augen ruhen
auf Lubliner. Er sucht nach
dem Anfang eines Satzes ,während er langsam das
Glas an die Lippen führt. Kein Verständnis für den
Zweck dieser Verhöre ist in ihm. Die Deutschen machen
jeweils kurzen Prozess, wenn
sie einen von uns habhaft
werden. Wie lästig gewordene Hunde exekutiert am
Strassenrand.
Wen interessiert schon Namen, ob all dieser Greuel und
angesichts dieser unermesslichen Zahl von Toten.
Nicht darüber nachdenken,
ist das Beste,seiner Ansicht nach.
Konzentration auf seine Aufgabe und all das, wenn möglich
zu überleben.Berichte ,Hinterfragen!Dies alles ständig
vor Augen zu halten? All dies bei jeder Gelegenheit
intellektuell zu verarbeiten
oder zu artikulieren?
Der Hass oder das Grauen würde dich langsam aushöhlen
wie ein Holzwurm den Stamm eines Baumes.
Diese Kommissare und ihre Berichte mochte er
alle nicht. Selbst Lubliner und Scherbaum, seine beiden
Ju..
,hmm Genossen. Dinges schon gar nicht. Eines Tages
werde ich ihn erschiessen müssen. Jegors Blick richtet
sich kurz nach ihm. Zufrieden stellt er fest, dass er sich
allein auf eine Kiste gesetzt hat. Weit weg genug um in der
lärmigen
Umgebung nichts mitzbekommen. Angehörige von
Minderheiten sind die gefährlichsten Mitläufer. Er nickt fast
unmerklich bei diesem Gedanken als müsste er sich diese
Ansicht selbst nochmals bestätigen. Sie glauben wohl,
dass
sie zu jederzeit mehr als alle anderen ihre Überzeugung oder
Loyalität unter Beweis stellen müssen.
Ich werde ihre Berichte kontrollieren. Berichte sind
heutzutage so gefährlich wie eine Gewehrkugel.
Er
setzt das Glas auf die Kiste und drückt mit
einem milden Lächeln Lubliners Stapel Papiere
etwas beiseite. Dieser dadurch gestört blickt auf.
Beide blicken auf. Etwas verdutzt und neugierig
zugleich.
"Na, seid ihr
mit euren Werken immer noch nicht fertig?",
grunzt er belustigt. Lubliner und Scherbaum kennen seine
Spielchen nur zu gut.
Lubliner sieht kurz schmunzelnd auf seine Berichte,"Genosse
Kommandant, ich bin in der Tat nicht recht zufrieden
mit dem
Ergebnis der Verhöre."Jegor lehnt sich etwas zurück,"Nicht
zufrieden?" Lubliner wog leicht den Kopf und scheint nach
Worten zu suchen,"Nehmt diesen SS Mann, den ich so intensiv
befragt habe als Beispiel",er macht
eine kurze Pause.
"Wie die Hunnen sind sie über ganz Europa hergefallen."
Lubliner blickt auf, "Seine Familie und sein persönliches
Schicksal ist alles was ihn kümmert.""Selbst jetz!"
"Was hast du erwartet?",fällt
ihm der Kommandant ins Wort.
"Reue? Selbstkritik? Läuterung?" Jegor legt seine Hand auf
Lubliners Schulter. "Mein armer Genosse Kommissar, du scheinst
vom menschlichen Charakter nicht viel zu wissen." Lubliner
öffnet den Mund
aber Jegor setzt eifrig nach.
"Du nennst sie Hunnen, assoziierst sie mit Barbaren."
"Nun mein Freund diese sogenannten barbarischen Hunnen hatten
Ziele oder besser noch Visionen." Lubliner lacht verlegen auf,
"Genosse Kommandant kennt die
Geschichte der Hunnen?"
Ich habe Geschichte studiert,mein unwissender Kommissar!", fällt
ihm dieser ins Wort. In seinen Augen glaubt Lubliner Spott zu
erkennen. "Geschichte?",Scherbaum fast zu laut.
"Ich wollte Lehrer werden",Jegor
klopft Lubliner kräftig auf die
Schulter und lacht laut und dröhnend als hätte er einen Witz
erzählt. Beide lächeln mehr verwirrt als belustigt.
"Ja .. Lehrer", hüstelt Jegor.Sieht in die fragenden Gesichter,
"Die Partei hat mich zum Leiter einer Kolchose bei Kiew ernannt."
Lubliner rückte etwas zurecht. "Ihr seit auch Landwirtschaftsexperte?"
Jegor nickt in seinem Gesicht sein typisch breites Grinsen.
"Ja die Partei enpfand mich als qualifiziert
für diesen Posten."
Lubliner und Scherbaum wechseln verstohlen Blicke.
Jegor geniesst diese Verwirrung und lehnt sich wieder etwas vor.
Legt seine beiden Arme um Lubliners und Scherbaums Schultern,
"Ihr habt doch keine Zweifel am Urteilsvermögen
des Sozialismus?"
Mit zufriedenem Grinsen betrachtet er deren eifriges Kopfschütteln.
Jegor hatte zweifellos vom gegenwärtigen Regime profitiert.
Früh hat er bemerkt, dass diese Revolution nicht von kurzer Dauer ist.
Sie wird bleiben. Für Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte? Er beschloss
sich zu arrangieren. Knüpfte die richtigen Kontakte. Machte sich
nützlich. Sah sich um welchen Nutzen die Revolution sich für ihn
wohl erschliessen
könnte.
An ausgeprägte Machtinstinkte glaubt er eher als an die Dogmen der
Partei. Seine Ziele sind das Lauern auf Gelegenheiten die sich bieten
um aufzusteigen. Die Lehren des Sozialismus hat er längst für sich
zurecht
gelegt. Er studiert lieber deren Schwächen, die es für sich zu
Nutzen galt als deren "hohen Ziele", wie er mit sakastischem Unterton
gerne auszusprechen pflegte. Gegenüber Untergebenen vorzugsweise.
Lubliner, Scherbaum und vor
allem Dinges sind zurzeit seine beliebtesten
Opfer seiner Spielchen. Bei Lubliner und Scherbaum ,die er eigentlich
mochte war es eher zum Scherz. Bei Dinges reine Bosheit.
Müde hob er die Arme und räckelt sich den Schlaf aus den Gliedern.
Ob es sich nochmal hinzulegen lohne, fragt er sich dabei. Er betrachtet
sich die Augen reibend seine beiden "Intellektuellen" ,wie er sie auch
gerne bezeichnete. Unterhaltung macht munter, beschloss er.
"Habt ihr erfahren wovon eure Hunnen
träumen?" Lubliner verzog seinen
Mund,"Hunnenträume?" "Erzähl mir davon!" Lubliner kannte die Tonlage.
Jegor war nach Sprechen zumute. Lubliner lächelt flüchtig,"Eine etwas
fast romantisch anmutende Bezeichnung,meiner
Meinung nach."
Jegors Stimme lachend aber lauter, "Wir werden Zeuge eines Wunders.
Ein Genosse mit eigener Meinung."Er setzt noch einen Lacher hinterher.
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Zu Hause ankommen. Wie oft hatte ich mir das vorgestellt.
Die Heimaturlaube werden ja immer knapper. Ich durchforstete
mein Gedächtnis nach Vertrautem. Vor dem Einschlafen im
Quartier versuchte ich jeweils mit geschlossenen Augen mein
Zuhause, das was ich mit Heimat verbinde vorzustellen.
Mein Alltag liess fluchten solcher Art nicht mehr zu. Die Zahl
der Güterzüge nahm zu und die Zahl der Einheiten ebenfalls.
Die eroberten Gebiete mussten gesäubert werden
rasch und effizient.
Unser Führer erwartete von uns, dass wir unsere ganze Kraft und
unser Wille einsetzen die Endlösung zu erfüllen. Endlösung,
das Wort tauchte erst vor einem Jahr auf. Unsere Aufgabe hatte
nun nahezu
ein industrieller Charakter. Eine grosse Aufgabe,
eine wichtige Aufgabe wie unsere Vorgesetzten uns immer wieder
beschworen. Wir die Elite des Führers waren gewillt diese Aufgabe
zu bewältigen. Effizienz und Rationalismus kursierten
nun in
unseren Köpfen. Meine Kompanie war immer seltener an
Kampfhandlungen beteiligt. Die Säuberungen im Hinterland nahmen
viel Zeit und Material in Anspruch.Wir fanden neue Strategien
ganze Gebiete einzukreisen und zu durchkämmen.
Immer schneller
und gründlicher so anerkennend unsere Führung. Wir lernten lokale
Kräfte und deren Wissen für uns zu nutzen.Ob alte Rechnungen oder
ideologischer Opportunismus es war uns egal. Diese Kräfte waren
willkommen und nützlich. Wir setzten Planquadrate, berechnet von
unseren Strategen und kreuzten diese durch nach der Säuberung.
Meist startete eine Säuberung bei Dämmerung. In der Dämmerung
ist die Wachsamkeit getrübt,
die Trägheit des im Schlaf überraschten
bedeutete weniger Gegenwehr, verlangsamtes Fluchtverhalten. Alles
auf wissenschaftlicher Basis kalkuliert bis ins Detail. Erste Flucht-
versuche mit erschiessen betrafen. Alles wissenschaftlich
belegt.
Widerstand war nicht zu erwarten. Schon am Vorabend hatten wir
grosse Gräben ausgehoben. Tief und breit genug um die erwartete
Anzahl aufzunehmen. Exakt berechnet, dass drei bis vier Lagen
darin Platz finden. Die Transporte
von den Dörfern und Städten
waren so ausgelegt, dass zwischen Exekutionen und Transport ein
möglichst kurzer oder noch besser keine Zeitspanne entstand.
Auch wissenschaftlich berechnet. Schon erstaunlich was mit
Hilfe der
Wissenschaft so alles ...
"Ist es gefährlich an der Front?", seine Kinderaugen hatten etwas
bewunderndes. Er war neugierig auf seinen Vater.Seinen ganz
persönlichen Helden.
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Ich kannte sie lange genug. Es bedrückte sie etwas.
Da war ich mir sicher. Ich hatte meine Frage auf
der Zunge. Sie sah nach Knut und hielt ihren
Zeigefinger vor die Lippen. Nicht in Anwesenheit
des Kindes?
Neugierig und
besorgt zugleich fragte ich mich,
was wohl so geheimnisvoll sein mochte.
Nichts für Kinderohren bedeutete meist nichts Gutes.
Sie entspannte sich während dem Essen. Unser Erstes
nach langen Monaten. Ich wurde diesen Eindruck
ein
Fremder zu sein noch nicht so richtig los. Meine
Abwesenheit hat zwischen den beiden eine enge sehr
vertraute Beziehung zueinander wachsen lassen, von
der ich mich ausgeschlossen fühlte. Sie kommunizierten
fast ohne Laute.
Die Verständigung basierte fast
ausschließlich durch Reaktionen auf die Gesten des
Anderen. Fasziniert und etwas neidisch stellte ich
fest, dass eine Verständigung sehr oft schon durch
den Austausch von Blicken möglich
war. Meine Fragen
und Scherze wirkten wie störende Geräusche in dieser
Idylle. Doch wollte ich die kurze Zeit die mir blieb
nutzen wieder ein Teil von ihnen zu werden. Jede Frage,
jede Geste der Aufmerksamkeit zu meiner Person
verschlang
ich fast so gierig wie das Stück Braten, das mir zu Ehren
aufgetischt wurde. Meine neuen Tischsitten wurden scheinbar
mit gemischten Gefühlen aufgenommen.
„Der Feind lässt uns nicht viel Zeit zum
Essen“, erklärte
ich mit einem verlegen wirkendem Lacher in die verdutzten Gesichter.
Sie lächelte sanft und senkte den Blick wieder zu ihrem Teller.
Knut betrachtete meinen Appetit mit der unverhohlenen Neugier
eines
Kindes. Ich kniff ein Auge zu, als ich ein grosses Stück
Fleisch zwischen die Zähne schob und es genüsslich zu kauen begann.
„Hey darf ich auch so große Stücke auf einmal ...?“, sein Redeschwall
wurde
durch einen einzigen Blick seiner Mutter gestoppt. Er sah etwas
missmutig auf seine viel kleineren von seiner Mutter zugeschnittenen
Portionen. Schubste sie etwas mit seiner Gabel herum und sah mit einem
etwas befremdlich wirkenden Blick
zuerst zu mir und dann zu seiner
Mutter. „Er ist Papa!“, blockte Frauke ab. Er schaukelte etwas auf
seinem Stuhl und stocherte in seinem Essen herum. Mit langen Blicken
verfolgte er jeden zu meinem Munde geführten Bissen.
Schließlich hob
er seinen Blick wieder zur Mutter hin. Sie erwartete ihn bereits.
Er stutzte als er ihren Blicken begegnete ,“Nächstes Jahr ?
Darf ich dann auch mit dem Messer essen?“ „Versprochen mein Kleiner!“
Gebannt habe ich diese kleine Szene betrachtet. Ich hatte mich noch
oft daran geklammert. Wie auch jetzt. Sie warf mir einen kurzen Blick zu,
biss sich etwas auf die Lippen und wandte wieder ihrem Essen zu.
War sie in diesem Moment
glücklich? Bei mir war ich sicher.
Er griff nach seiner Flasche und nahm ein paar kräftige Schlucken.
Mit einem wohligen Geräusch setzt er sie wieder ab und bietet sie
den Beiden an, „Hier, auf den Sieg.“ Als er
ihr Zögern bemerkt,
„Auf Befehl des Kommandanten.“ Lachend quittiert er Lubliners
Hustenanfall nach dessen Versuch, seinem „Kommandantebefehl“
folge zu leisten. Verwundert stellt er fest, dass ausgerechnet
das „Milchgesicht“ Scherbaum offensichtlich keine Mühe hat.
„So trinkt nur ein Russe“, anerkennend. Lubliner noch hüstelnd,
„Und ihr? Ihr seit überzeugt, dass wir gewinnen werden?“ Jegor
ist dabei sich ein weiteres Stück Speck zwischen die Zähne zu schieben.
Eifrig kauend und nickend, „Sonst wäre ich nicht hier.“ „Rache?“ ,
Scherbaum warf einen flüchtigen Blick auf den Teller. Jegor
wiegt
etwas seinen Kopf, „Sicher auch Rache aber das ist nicht dauernd
im Vordergrund. Rache oder Hass sind gefährliche Eigenschaften.
Zerstörerische Eigenschaften auch für sich selbst.“ Lubliner
kratzt sich
am Ohr, „Denkst ihr so darüber weil ihr nichts weiter,
als euren Posten verloren habt?“ „Darf ich fragen, ob ihr eine
Familie habt?“ Jegor schluckt und schmatzt, „Frau und eine Tochter,
mein Genosse.“
Blickt kurz zum Zelteingang, „Und ich habe keine Ahnung,
wo sie sind.“ „Die Hoffnung, sie eines Tages wiederzusehen, ist ein guter
Grund dafür zu kämpfen und am Leben zu bleiben.“ Er schenkt Dinges,
welcher
eingenickt zu sein scheint einen verächtlichen Blick, „Ich
nehme an die meisten von uns haben einen persönlichen Grund hier zu
sein in diesem Krieg. Gefühle allein würde ich persönlich aber nicht
als einzigen
Grund dazu wählen.“ Lubliner lehnt sich zurück,
„Was wäre da noch?“
„Ich bin.., wir sind Russen“, Jegor sieht mit etwas Häme auf
den Teller vor ihm, auf dem sich noch immer einige Stücke
Speck befinden.
„Wir sind hier geboren und aufgewachsen. Nur hier ist uns alles vertraut.
Nur hier können wir Russen sein und das Leben führen, wie wir es uns vorstellen."
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Zus mustert verunsichert die Mimik in Jegors Gesicht. Worauf will er hinaus? Jegor legt seinen Zeigefinger auf den Tellerrand, „Ist der Sozialismus wirklich deine neue Religion? Deine ganze Überzeugung? Bist du ein neuer sozialistischer Mensch
geworden ohne Vergangenheit? Hast du dein altes Leben tatsächlich abgestreift wie ein schmutziges Hemd mit allen Konsequenzen?“ Jegor presst den Zeigefinger fester an den Tellerrand. Das Geschirr beginnt ruckelnd in Richtung Scherbaum zu rutschen.
Dieser starrt auf den sich nähernden Teller mit sichtlichem Unbehagen. Er hebt seine beiden Hände an, als müsste er sich vor bissigen Hunden schützen. Vergnügt notiert Jegor Scherbaums Zwangslage. Aus der Bewegung heraus lehnt er sich
plötzlich zurück und zieht den Teller wieder zu sich. Er greift nach einem schönen Stück, schiebt es in den Mund und leckt sich mit einem genüsslichen Grunzen die Finger ab. „Keine Angst mein hebräischer Genosse“,
seine Aussprache ist wegen des vollen Mundes etwas undeutlich, „ich will dich gar nicht zum Essen einladen.“ Er setzt zu einem kurzen Lacher an, klopft Scherbaum mit der flachen Hand auf die Schulter. Aus seinen vollen Backen löst sich etwas
Fleisch. Kosterniert betrachten Lubliner und Scherbaum das durchgekaute Etwas auf dem Kistenboden.
„Siehst du wie schwer und gefährlich es ist, wenn du dir selbst so enge Grenzen setzt? Der kleine Raum, der für dich übrigbleibt,
macht dich verletzbar.“ Scherbaum und Lubliner tauschen überrascht oder erleichtert Blicke aus. Jegor hat unterdessen geschluckt und richtet sich auf, „nur eine kleine Bewegung“, er hob die rechte Hand etwas an und hielt Zeigefinger
und Daumen nahe zueinander, „ganz wenig nur und du bist ein Konterrevolutionär.“ Jegor verharrt kurz. Dann betrachtet er mit gleichmütiger Miene seinen Teller, „ außerdem sind die Rationen zu klein, um auch noch etwas davon
zu verschenken.“
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egor runzelt grinsend seine Stirn und zu Scherbaum hingewandt, „Wie ich schon sagte so unschuldig wie ein Osterlamm.“ Jegor lehnt sich wieder zurück, „Die erste große Verhaftungswelle begann 1936. Korrupte Apparatschiks, Militärs, Mitglieder der KPDSU ..“ „Trotzkisten ?“,warf Lubliner mit erstauntem Unterton dazwischen. Jegor rollt die Lippen, „Die .... was?“ Lubliner eifrig,“ Na die Anhänger von Trotzki?“ Er wendet sich mit hilflosem Blick zu Scherbaum aber in dessen Augen, glaubt er nur eine Warnung, zu lesen.“ Jegor streicht sich scheinbar nachdenklich über die Lippen, „Hmmm .. Trotzki, kenne ich nicht.“ „Du warst doch mal bei der Zensurbehörde?“ Er nickt Scherbaum zu, „Hast du schon mal was von dem Kerl gehört?“ Dieser etwas verärgert über Jegor theatralischen Unschulds- Blick, „Nein, ich glaube nicht.“ Lubliner biss sich auf die Lippen. Wahrscheinlich hätte er dieselbe Antwort erhalten, wenn er ihn nach Gott gefragt hätte. Lubliner war sich sicher, dass er der orthodoxen Kirche angehört. Nicht nur wegen des „Osterlamms“. Wie er schon selbst erklärt, man kann auch sich selbst nicht so schnell austauschen.
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Er begleitete im Tross die Funktionäre bei deren Visiten in den Fabriken und Kolchosen. Es wirkte alles so freundlich. Jubel und Hoffnung sprach aus den Gesichtern der Arbeiter und Bauern. Alles wirkte so sauber und aufgeräumt. Meist sassen sie gesondert etwas erhöht auf Podesten. Hinter blumengeschmückten Tischen. Die Blumen überreicht von singenden Mädchen. Beifall. Von dort konnte man gut von oben auf dieses Glück hinunter sehen. Beifall. Von unten konnten sie besser den Worten des Funktionärs lauschen und zu ihm hinaufschauen. Beifall. Er war berauscht von dieser Aufbruchstimmung. Er wollte mitmarschieren auf dieser neuen Straße. Mitgestalten und seine Dienste zur Verfügung stellen. „Ich werde dahin gehen, wo die Partei mich hinschickt“, seine ersten Worte nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis.
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Jetzt stand er selbst vor dem Tor. Er versuchte, etwas zu erkennen. Es war ein Durchgang spärlich beleuchtet durch einige nackten Glühbirnen. Schemenhaft einige Gestalten im Vordergrund. Ein Stoß in seinen Rücken beendete seine Beobachtungen.
Flankiert von zwei Bewaffneten welche ihn mit Fausthieben auf die Schultern vor sich hertrieben, stolperte er in dieses dunkle Nichts. Seine Bewacher hießen ihn, an einer an einer weißen Linie am Boden stehen zu bleiben. Sie selbst positionierten
sich hinter ihm. Es war nicht ein Durchgang, sondern ein Gewölbe mit vielen Ein- und Ausgängen. Gebrüll und Geschrei vermischt mit dem peitschenden Knallen von Gewehrfeuer hallten wie Boten des Todes durch die Halle. Viele Tische mit sitzenden
Personen und davor weiße Linien. Die Zeit des Stehens vor den weißen Linien war kurz. Dann wurden die Leute weggezerrt und zu einem der Durchgänge gebracht. Frank musste seinen Namen und seine Herkunft nennen. Nichts weiter schien den Frager
zu interessieren.
Einer der Sitzenden hinter dem Tisch seiner weißen Linie tauschte sich kurz flüsternd mit zwei weiteren Personen aus. Der Sitzende in der Mitte war offenbar der Vorgesetzte. Eine drahtig wirkende Gestalt mit Buchhalter-Gesicht.
Er sah kurz zu Lubliner auf und machte eine Handbewegung die seinen Bewacher galt. Frank wollte noch etwas erklären, aber die beiden Wächter bugsierten in bereits Richtung eines der Tore.
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Etwas
Abwechslung bot nur ein Neuzugang, die Essensausgabe oder die Abholung eines Gefangenen. Es waren die einzigen kurzen Phasen, wo die völlige Kontrolle nicht aufrecht erhalten werden konnte. Ivan, wie sich später herausstellte ein Gewohnheitskrimineller,
bot seinerseits ungewollt für etwas Unterhaltung.
„Name und Vergehen?“, Ivan eher neugierig. „Alexej Popow, man wirft mir vor, ein Kulak zu sein.“ „Ein ...? Was ist ein Kulak?“, Ivan aufrichtig verwundert. „Nun
exakt wirft man mir vor, ein paar Schweine zuviel gehalten zu haben“, erklärt der Neuankömmling brav. „Ich dachte immer das heißt Regierung“, eine leise Stimme aus dem Raum. Der Satz ging sogleich in schallendem Gelächter
unter. Ivan stimmte kurz darin ein, besann sich dann offenbar auf seine Stellung, „Schnauze .. spinnt ihr?“
Eine Hierarchie in diesem Mikrokosmos gab es auch und dessen Spitze war Ivan. Ivan zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt aber durch
wunderbare Fügung immer noch in Moskau. Sein Vergehen war Diebstahl. Seiner Meinung nach ein tragischer Irrtum der Justiz. Er hatte das Geld gefunden, wie er immer wieder treuherzig beteuerte, wenn auch unerklärlicherweise in einer Brieftasche eines
Genossen. Dieser Genosse war niemand anders als der ranghöchste Bezirksrat des lokalen Sowjets, was aber der gute Ivan zu spät bemerkte. Mit zehn Jahren Arbeitslager war das angesichts der Urteile in dieser Zeit ein gnädiges Los. Möglicherweise
war dies auch dem Bündel amerikanischer Dollars, die Ivan seinerseits geschickt verborgen hielt, und der Genosse seltsamerweise nicht zurückforderte zu verdanken. Ivan war Berufsverbrecher und als solcher darauf spezialisiert Schwachstellen von Systemen
auszuloten. Das Wort Dollar öffnete ihm zwar nicht die Gefängnistore aber es gewährte ihm eine gewisse Stellung innerhalb der Gefängnismauern, die mit vielen Annehmlichkeiten verbunden waren.
„Wie lange warst du in Haft?“,
Jegor sieht ihn an. „Acht Monate“, Lubliner selbstsicher. „Der Feldzug neununddreissig zum Schutze Polens.“ „Eine angeordnete Internierung, nichts weiter.“ Jegor nickt verständnisvoll, „Siehst du, nur Verbrecher
werden bei uns hingerichtet.“
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Scherbaum nickt mit gesenktem Blick vor sich hin. Er fühlte sich erleichtert. Diese Andeutungen der Berichte nagten eine kurze Zeit an seinen Gedanken.
Er hatte doch nie etwas Schlechtes geschrieben. Da war er sich sicher. Er wurde zur Zensurbehörde berufen. Nicht, dass er darum gebeten hätte.
„Du meinst, mein Genosse das ist ein und dieselbe Person, die dieses Schriftstück verfasst
hatte?“, sein Vorgesetzter bei der Bezirksverwaltung musterte ihn mit seltsamen Blick. „Ja, mein Genosse, „die Schriftstücke haben dieselben grammatischen Fehler.“ Scherbaum fühlte sich geehrt. Bisher hatte er kaum etwas wie
Lob erfahren. Nun versetzte er seinen Vorgesetzten ins Staunen. „Dieselben grammatischen Fehler, so ... so!“, wiederholte dieser. Scherbaum hatte plötzlich das Gefühl einen Fehler zu begehen. Wie ein Wild, das seine Deckung verlassen
hatte
Nach einer schlaflosen Nacht redete er sich ein, dass er sich zuviel Sorgen machen würde. Dass dieses Herumschleichen ihn doch eher zum Opfer machen würde, wenn er nicht all diese Ängste aus seinen Gedanken vertrieb. Sofort setzte er ein paar Gegenmaßnahmen in die Tat um. Alkohol und Frauen erschien ihm, das geeignete Mittel gegen Existenzängste zu sein. Und dazu bot eine Stadt wie Odessa genügend Möglichkeiten. Verborgene Lockale wo es sich ausgelassen feiern ließ, waren ihm schon vorher bekannt. Den Reiz sich außerhalb der Legalität zu bewegen genoss er früher schon. Wann immer es sein Geldbeutel zuließ oder seine Libido es danach verlangte, tauchte er in diesen Dunstschleier der Unterwelt ab. Wodka anstelle Geisteswissenschaften, die Nähe von Frauen anstelle revolutionärer Grundsatzdiskussionen. Nach einigen ausschweifenden Nächten begann er sich wieder frei zu bewegen und sein angestammtes Naturell war zurück.
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Er quittierte die ihm zugeteilten Schriftstücke mit bescheidenem Gleichmut, aber forderte insgeheim von sich mit jeder neuen Aufgabe eine Steigerung seiner neu entdeckten Begabung. Die Schriftstücke sezierte er wie ein Chirurg oder Fleischer je nach dem, fügte sie wieder neu zusammen oder verstümmelte sie bis zur Unkenntlichkeit. Da ein Wort gestrichen, dort ein Satz etwas verändert und schon trug der ursprüngliche Inhalt seinen Willen. Das geschriebene Wort auf dem Seziertisch. Auf seinem Seziertisch. Er bestimmte die Schnitte und Amputationen . Er betrachtete seine neuen Aufgaben schon bald als ein Stück persönlicher Freiheit. Ähnlich seiner nächtlichen Abenteuer schienen keine Grenze gesetzt zu sein, keine Gesetze, keine Regeln. Wie ein Spürhund folgte er den Windungen und Rundungen der geschrieben Lettern.
Der General lehnte sich vor und faltete seine Hände vor sich zu einer Faust. Er ließ Scherbaum dabei nicht aus den Augen. Scherbaum
bemühte sich, ihn nicht durch eine Geste oder Mimik zu provozieren. Eine Vermutung, dass dieses „Verhör“ nicht in eine Anklage oder gar Verurteilung münden könnte, hatte sich bei ihm durchgesetzt. Trotzdem blieb er misstrauisch
und nahm sich vor auf eventuelle Fallen zu achten.
„Wir lesen eure Berichte schon länger“, begann der Kutusow von Neuem. „Um genau zu sein, wir waren die Quelle dieser Dokumente, welche ihr zur Analyse bekamt.“ Er sah sich
kurz nach dem Mayor neben ihm um und fuhr fort, „Sie haben ein ganz erstaunliches Talent.“ Er hielt inne und als wollte er die Wirkung seiner Worte bei Scherbaum prüfen. „Wirklich bemerkenswert erstaunlich ...“, nickte leicht,
als ob er ein gutes Essen kosten würde. Er bewegte dabei etwas genießerisch seine Lippen als hätte er soeben einen Happen verschluckt.
Seine Analysen verrieten den Geheimdiensten oder der Geheimpolizei nicht nur die Charakterzüge der Personen, deren Schriftstücke von ihm bearbeitet wurden, sondern auch deren wahre Natur der Gesinnung. Scherbaum war nicht geheuer ob der Tatsache, dass auf Grund seiner Berichte ganz offensichtlich das Schicksal ihm völlig unbekannter Personen entschieden wurde. Er fragte, sich ob diese Analysen, welche er zu Papier brachte, auch wirklich eine seröse Wissenschaft sei. Es bereitete ihm Vergnügen, sich über Schreibstyle lustig zu machen. Die offensichtliche Einsilbigkeit eines Autors und seiner manchmal nur vermuteten Neigungen oder Schwächen, zu geißeln. Aber war das als ultimatives Urteil rechtens? Die Vernichtung einer Existenz auf Grund eines einzigen Berichtes, dessen Ernst er selbst bezweifelte? Es fand Spaß an den neuen Aufgaben welche man ihm übertrug, gewiss. Aber mit diesen Konsequenzen seiner neuen Leidenschaft hatte er nicht gerechnet. Ein Spitzel! Eine unsichtbare Willkür des Systems. Das hatte er nicht gesucht. Darauf war er nicht vorbereitet.
Zus beruhigte sich etwas. Disziplinarverfahren hörte sich harmlos an. Ein kleiner Tritt nichts weiter. Als er nickend sein Einverständnis dazu andeutete, musste er sich etwas überwinden nicht spöttisch zu wirken. Noch einmal warf der General Zus einen flüchtigen Blick zu und fort, „Sie melden sich am Montag um sieben in der Kaserne beim Genossen Smirnow. Ihr seid ihm ab sofort zugeteilt.“ Seine Lippen zogen sich etwas nach oben, „Ja mein Genosse ..“, als hätte er Zus‘ Überraschung erraten, „ihr bleibt in Odessa.“ Zus Gedankenwelt glich einem Schlachtfeld und die eben endende Schlacht hatte noch keinen eindeutigen Sieger. Er war davon gekommen. Aber wie weiter? Verstoß gegen die Parteidisziplin? Das kam oft vor. Nicht nur bei ihm. Es war ja kaum möglich, einen Schritt zu tun in diesem Leben, ohne manchmal zu stolpern. Vielleicht ist der Sozialismus einfach nur zu streng oder zu zornig. Vielleicht lässt der Sozialismus zuwenig Licht, um die vielen Steine und Gruben auf dem Weg zu sehen. Vielleicht ist er einfach nicht für Menschen gemacht. Eine Partei nur für unfehlbare Götter?
Scherbaum hüpfte beinahe den Boulevard entlang. Ein neues Leben wurde ihm geschenkt. Das müsste doch gefeiert werden? Voller Vorfreude tauchten die verschleierten Augen Lulas vor ihm auf. In seinen Träumen glitt sein Blick über die weiße Haut ihres Halses zu den halb entblößten Brüsten hinunter. Stellte sich vor wie sie an der schmalen Theke stand. Ein Bein leicht angewinkelt und den Oberkörper leicht zurückgelehnt. Die Venus im Nebel. So nannte er sie einmal. Ein Leuchtfeuer der Lust zwischen Zigarettenrauch und abgestandenem Wodka. Unnahbar und doch verfügbar. Er mochte diese verrauchten Kaschemmen. Er mochte die Lulas, die sich darin aufhielten. Moral? Er schüttelte den Kopf. Moral wurde von ihm nicht eingefordert. Ein dumpfer Schlag gegen seine Stirne beendete seine imaginäre Wanderung auf Lulas Rundungen. Verwirrt sah er sich um. Ein Laternenpfahl tauchte dicht vor seiner Nase auf. „Besoffenes Schwein“, schnauzte ihn eine Genossin im Vorbeigehen an. Er verbeugte sich lächelnd.
„Wollt ihr damit all diesen Gräuel verteidigen, Genosse Kommandant?“, Franks Stimme leise, beinahe flüsternd. Jegor schüttelt den Kopf., „Das ist keine Ausrede, nur eine Feststellung. Es bedeutet auch nicht, dass ich meine Handlungen und Entscheidungen in der Vergangenheit oder Gegenwart in Zweifel ziehe.“ Zus senkt den Kopf nach vorne. Ihm war, als stehe er immer noch benommen vor dem Mast, welchen er gerammt hatte. Fasst sich nochmals an die Stirn. Als müsste er die Schmerzen lindern. Moral? Welche? Hat Moral einen exakten Koeffizient wie die Zeit oder das Meter? Oder gilt sie bis zum Verfallsdatum der Götter, in deren Einfluss wir gerade leben? Götter sterben. Ganz gewiss. Atun Ra, Zeus ,Jesus und wie sie noch alle hießen. Sie währten nicht ewig. Tausende Jahre waren sie in den Gedanken der Menschen. Unnahbar, von niemandem angezweifelt und doch sind sie alle gefallen. Keiner an dem nicht die Zeit an den Sockeln nagte, auf denen sie standen. Gefallen unter den Hämmern fremder Eroberer. Weggefegt wie von neuen Propheten wie Marx, Engels und Hitler. Erhoben sich gar selbst zu neuen Göttern. Unfehlbar und allmächtig.
Scherbaum fühlt sich durch die ernstere Mimik Jegors etwas unbehaglich, „Und vor Kriegsausbruch wart ihr bei der GPU?“ Jegor kippt sein Glas. Hustet etwas und fährt sich mit dem Handrücken über die Lippen, „bis zum Rang eines Obristen.“ Nickt hüstelnd. „Ich gratuliere dem Genossen Oberst“, Scherbaum hebt das Glas in die Höhe. Er wundert sich über Jegors Gleichmut. „Habt ihr Familie?“, Zus versucht, das Thema zu wechseln, „seit ihr verheiratet?“ Jegors Züge entspannen sich. Fast wie ausgewechselt, „Ja, wir haben eine Tochter.“ Er blickt in Scherbaums ratloses Gesicht. „Als die Faschisten vor Kiew standen habe ich die Beiden in den letzten Zug nach Leningrad gesetzt. Ihre Eltern leben dort. Außerdem dachte ich, dass sie dort in Sicherheit wären.“ Scherbaum stellt fest, dass fragen nach den Angehörigen, fast immer in ein Drama münden. „Die Faschisten werden Leningrad nicht erobern“, beschwichtigend fast beschwörend. Jegor schaut zum Dachfirst des Zeltes , „Das hoffe ich auch.“ Sein Blick drückt etwas Milde aus, „Ja mein Genosse Scherbaum. Es sind schlechte Zeiten. Selbst eine harmlose Frage nach dem Befinden der Familie kann einem in Verlegenheit bringen. Kaum einer der nicht über Verluste oder Ängste klagt.“
Jegor scheint nachzudenken. Zus betrachtet wie Jegor sein Glas mit beiden Händen umfasst. „Hattest du je Zweifel an dem, was du tust?“, Zus ist sich nicht sicher, ob das eine gute Frage ist. Das Schweigen macht ihn nervös. Es ist einer dieser unangenehmen Momente wenn ein Gespräch ins Stocken gerät. Zwar ist er durch den Konsum vom Alkohol etwas benebelt aber durch die Unterhaltung die ihm recht vertraut scheint munter geworden. Nicht das er besonders neugierig auf das Ergebnis seiner Frage ist. Etwas anderes übt einen Reiz auf ihn aus. Er bemerkt, dass es schon eine Ewigkeit her ist ein zwangloses Gespräch geführt, zu haben. Jedenfalls nicht mit Leuten, die er nicht gut genug kannte. Politiker - Rhetorik. Partei - Schmierereien. So pflegte er diese Unterhaltungen zu nennen. „Was meint ihr dazu Genosse?“ Wurde da wirklich nach seiner Meinung gefragt? Stand etwa seine Loyalität auf dem Prüfstand?
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Es hatte nicht stattgefunden. Es gab kein Harmagedon der Systeme. Nicht einmal ein Hauch davon. Die Geknechteten des Kapitalismus gingen nicht auf die Barrikaden. Es sei denn für mehr Geld und freie Tage. Das mit unserem Fluch belegte Geld wurde als Segen betrachtet. Der mit unserer Hilfe erkämpfte Achtstunden-Tag wurde dazu benutzt die geschenkte Freizeit zu selbst gewählten Aktivitäten zu nutzen. Freizeitvergnügen statt Klassenkampf? Die plötzlich zur Verfügung stehenden Freiräume wurden schnell mit eigenen Wünschen beseelt. Urlaub an der Ostsee anstelle eines Arbeiterparadieses. Sie fuhren lieber mit ihrem Erspartem an Ostsee. Sie feierten den überstandenen Krieg in kleinen Soiree’s im Kabarett. Sie genossen das Leben und die neue Freiheit, anstelle Genossen einer neuen Idee zu sein. Obwohl die uns auch mit finanziellen Mittel wohlgesonnene Presse bejubelte. Es hat nicht geholfen. Die Welt hatte ihre eigene Dynamik und es gab kein Mittel dagegen. Die Schmach, dass ein aus dem Fußballstadion an seine Arbeitsstelle zurückkehrender Proletarier höher motiviert sein konnte, als sein Kamerad geschult von der Parteiversammlung war unerträglich.
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Scherbaum seufzt theatralisch, „Sie halten sich für kultiviert.“ Jegor brummt, „Kultiviert nennt sich das? Sie nennen uns Barbaren und schlachten unsere Familien ab. Sehr kultiviert.“ Er deutet auf seine Brust, „wie ich schon erklärte, es muss tief hier drinn sein. Es ist ihrem Führer sehr leicht gefallen sie auf uns zu hetzen. Mit dem Selbstverständnis des Übermenschen wollen sie uns nun von der Landkarte die unsere Heimat ist wegfegen wie Ungeziefer. Bodenschätze, Kulturland und Industriekomplexe mit hart schuftendem Personal inklusive in Griffweite. Begehrenswerte Rohstoffe fast in Sichtweite ihrer Großindustrie . Kurze und einfachere Transportwege anstelle der kostspieligen Seewege.“ Jegor hebt grinsend sein Glas auf die Höhe seiner Lippen, „Mein Genosse wir sind Zeuge einer Kolonisierung. Sie kommen diesmal nicht mit Galeonen aber mit demselben Traum.“ Scherbaum prostet spöttisch zurück, „auf uns nackte Wilde.“
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Darauf hat es der alte Fuchs also abgesehen. „Der alte Fuchs“ klopfte amüsiert mit der Münze zwei - bis dreimal
auf den Kistenboden. Zus blies kurz etwas Luft durch seine Nasenflügel und blickt in Jegors triumphierendes Gesicht. Erwischt , Scherbaum war nicht wütend. Eher amüsiert über seine eigene Naivität. Wie konnte er nur glauben, dass so
eine hübsche Summe geheim bleiben konnte. Sie leben zu nah beieinander. So nahe, dass keine Schwäche oder Schmerz und alles andere lange verborgen bliebe. Goldene Münzen schon gar nicht. Ausgerechnet dieser Beute konnte er nicht wiederstehen.
Es gab so vieles, was Begehrlichkeiten wecken konnte. Diese Faschisten ziehen einem Weihnachtsbaum ähnelnd in den Krieg. Was die alles mit sich schleppen. Kaum zu glauben. Goldene Zigarettenetuis, goldene Kreuze, sogar Zahnstocher aus Elfenbein. Verrückt!
Kein Wunder reagieren unsere Soldaten und wir darauf wie Kinder in einem Kaufhaus. Dem einen gefielen die Luger, andere mochten persönliche Gegenstände oder Kleidungsstücke. Die Ledermäntel der SS Offiziere zum Beispiel sind hochbegehrt.
Sehr kleidsam, warm und obendrein elegant. Vielleicht das eleganteste Kleidungsstück auf dem Kriegsschauplatz. Dieses tiefe Schwarz und der Geruch. Eine Art zweite Haut. Macht strahlte sie aus, zweifellos.
„Nun wie viele hatte er bei sich?“,
Jegor ungeduldig. Zus zurück in der Realität, „Zehn Stück hatte er in seinem Kragen eingenäht.“ Jegor pfiff kurz leise durch die Lippen und wiegt das Stück in seiner Hand.
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Schrott trat etwas vor und klatschte dreimal in die Hände. Eine Türe hinter ihm wurde geöffnet und zwei SS Schützen zerrten einen Mann in etwas schäbigen verschmutzten Kleidern in den Raum. Sein Gesicht wies einige Schwellungen die von Schlägen stammen könnten auf. Wie in den Schulungen geraten betrachtete ich sein Gesicht. Zeigte er sich eher ängstlich oder gar verunsichert? Er sah sich aber eher um wie jemand der nach einer Fluchtmöglichkeit Ausschau hielt. So war jedenfalls mein Eindruck. „Eine harte Nuss!“, wie unser Lehrer an der Junkerschule zu sagen pflegte. Schrott würdigte ihn keines Blickes. Er streckte nur den Zeigefinger in seine Richtung, „das ist unser Delinquent Nummer 45893BX. Er machte eine Pause. „Er ist 1.69 Meter groß und 69 Kilo schwer. Das mindere Gewicht resultiert aufgrund unregelmäßiger Ernährung. Er stammt aus Osteuropa und ist Jude.“ Ein verhaltenes Gemurmel ist zu hören.Zum ersten Mal mustert er ihn. „In dem seiner Haut möchte ich jetzt nicht stecken“, höre ich raunend eine Stimme. Ich glaube, es war der Oberschütze Dietsche. Schrott macht eine gebieterische Geste mit einer ausgestreckten Hand, es wurde schlagartig still, „abgesehen von seinen sichtbaren Blessuren ist er gesund, nicht war Obersturmführer?“ Der Angesprochene hatte von uns unbemerkt hinter uns den Raum betreten. Standartenführer Mast drehte sich um und hob seinen Arm zum Gruß. Uns zugewandt, „Meine Herren, das ist unser Stabsarzt Obersturmführer Heinrichs. Er hat sich heute freiwillig gemeldet um diesem Unterricht die bestmögliche Unterstützung zu gewährleisten.“ Wir folgen seinem Beispiel und applaudieren. Der so Geehrte verbeugt sich mit etwas scheuem Lächeln. Der Standartenführer hob beide Hände etwas beschwichtigend an und gebot so um Ruhe, entschuldigen sie die Unterbrechung Hauptsturmführer.“ Schrott nickte wohlwollend zurück. „Dieser Delinquent ist bereits zu Tode verurteilt“, wieder eine kurze Pause, „er wurde dabei erwischt wie er Lebensmittel in das Warschauer Ghetto zu schmuggeln versuchte. Ein ganz schweres Verbrechen, das gemäß Besatzungsstatut mit dem Tode durch den Strang geahndet wird.“
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Klappentext 1. Versuch (gescheitert)
Einen Klappentext soll ich schreiben. Das gehöre dazu. Es soll den
Inhalt
definieren.
Buuuh ein Klappentext. Also ich habe diese Klappentexte nie gelesen.
Keine Ahnung warum. Ich habe mit der ersten Seite der Geschichte an-
gefangen. Manchmal auch mittendrin.
Ein Klappentext über meinen Workshop. Schwierig!
Eigentlich keinen
habe ich keinen Bock. Es wird ja ein pup Format fürs Internet.
Also kein Einband. Der Klappentext kommt auf die Innenseite des
Einbandes auf der Vorderseite des Buches.
Der inhalt des Buches? Die Darstellung einer
Männerwelt.
Im extremsten Fall. Typische Männerwelten zeigen sich in Kriegen.
Ohne Heldenparthos schnell erklärt:
Wenn der Feind naht versuchen wir ihn zu kriegen.
Wenn der Abwasch naht kriegen wir nen Schnupfen.
Ist
das gut am Frauentag über Hahnenkämpfe zu schreiben?
Über Frauentag habe ich auch nie nachgedacht. Echt!
Das ist der Tag wo man/frau über Gleichstellung diskutiert.
Nur heute. Nur einmal im Jahr?
Es ist so die Frauen
diskutieren über die Gleichstellung und die
Männer brüten währendessen neue Ausreden aus. Oder schütteln eifrig
Frauenhände. Putzig. Finde ich. Ob ich mir damit Feinde mache ?
Mir wurscht! Ich sehe und ich schalte
.
Mit dem Klappentext wirds wohl auch nichs
Scheissegal ich bin zu müde . Dortmund spielt heute.
Chears
Klappentext 2.Versuch
O.k. nochmals von vorne. Zum Thema Hahnenkämpfe oder
was auch immer.Eine
etwas verschlossene Welt, leicht
durchschaubar und von der Logik her männlich.
Ich habe für dieses Buch die Frauen im Hintergrund gelassen.
Sie sind hier in diesen Szenarien meist physisch abwesend.
Und wenn sie in diese Welten
tappen löst dies meist Stürme aus.
Gut. Ich sitze auf der Couch. Sie weiss es. Ich weiss es.
Ich geniesse das Spiel. Es ist mein Ding. Ich erwarte auch
nicht, dass es verstanden wird. Schliesslich verziehe mich ja
auch, wenn
sie ihre Köpfe zusammenstecken. Es ist eben ihres.
Man kann dann ja zwischenzeitlich die Stunden für sich sinnvoll
nutzen.
Auto waschen, Angelausrüstung checken oder die Sportzeitung lesen.
Ganz einfach.
Einmischung
der 2.Art. Die sanfte Infiltration:
Sie setzt sich neben mich. Sie nimmt Besitz auch wenn sie noch
nichts sagt. Vielleicht ein leises "Entschuldige". Sie ist
angekommen. Es ist wichtig und ich werde das Spiel nicht zu
Ende sehen. Keine
Chance.
Alternativ:"Musst du jetzt unbedingt Fussball kucken?"
Das ist viel kürzer. Einer Amputation vergleichbar.
"Was zum Geier machst du da?" Ich knie vor der ausgelegten
Ausrüstung eines Infanteristen. Ich sehe hoch
zu ihr.
"Ich checke meine Ausrüstung,meine Schöne." Meine Antwort ist
knapp. Ich möchte das nicht ausdiskutieren.
"All das Zeug schleppt ihr mit euch rum?" "Hmmm !"
Sie betrachtet die sauber aufgereihten Gegenstände.
"Das du so 'n Scheiss überhaupt mitmachst?" Sie balanciert das
Bajonett in ihrer Hand als wollte sie dessen Gewicht schätzen.
"Anne, ich möchte heute nicht darüber reden." Offentlich hält
meine Notbremse."Sind
wir etwas stinkig heute was?" Sie legt
das Bajonett denonstrativ woanders hin. "Nein, das ist es nicht."
"Was dann?" "Hmmm .. Anne ich habe nun mal einen Marschbefehl
erhalten." "Ach?" Ich kenne ihren Spott. "Da schickt dir jemand
einen
Wisch und du fängst an zu tanzen." Sie entschärft es durch
ein Kichern. "Mein armer Zinnsoldat." Sie streicht mir über die
Stirn," Sag denen doch, dass du nicht kommen kannst." Anne ist
nicht von hier. Anne ist ein Kind der Null
- Bock - Generation,
zeitweise Sängerin einer Punkgruppe und Studentin. Ich ver-
kneife mir einen Lacher. Wo bin ich da nur wieder hingeraten.
Anne ist das was besorgte Mütter nicht an der Seite ihrer Söhne
sehen wollen.
Ich begehre sie. Ich hätte auf die Meinung meiner
Mutter nicht gehört.
"Darf ich das behalten?", sie greift nach dem schwarzen Béret.
Sie wandert vor den Spiegel. Ich sehe ihr zu. Zugegeben es steht
ihr besser
als mir. Es scheint ihr alles gut zu stehen. Ihre eigenen
Kontraste nehmen alles an. Sie dreht sich. Sie sieht zufrieden aus.
Ich überlasse es ihr für eine Weile. Eilig stopfe ich ein paar
Sachen in den Rucksack. Aus ihren Augen aus
ihrem Sinn. Ich will
es ihr nicht erklären. Ich will mich ihr nicht erklären und
schon gar nicht entschuldigen. Darin herumtanzen? Soll sie nach
Herzenslust. Herzenslust? Sie tut nur wozu sie Lust hat. Mit der
Grazie einer Katze
schleicht sie durch mein Leben. Sie hat genug
gesehen. Sie schmeisst die Mütze wieder auf den Boden. Nicht dahin
wo sie lag."Kannst du wirklich nichts dagegegen tun?", sie setzt
sich wieder auf den Boden. Betrachtet meine Hände wie
diese das
Etui mit dem Schuhputzzeug in geordnete Falten legen. "Du meinst
verweigern? Du meinst einfach verschwinden? Zu dir?" Ich beobachte
ihre Reaktion. Vor allem bei der Redewendung "zu dir". Sie steigt
nicht darauf ein. "Sechs Monate
bis ein Jahr Zuchthaus." Sie wirkt
betroffen und belustigt zugleich. "Echt?" Eines ihrer Lieblingswörter.
"Die machen dich zum Knacki wenn du den Militärdienst schmeisst?"
Ich nicke nur."Ich meine du kannst doch sagen ..?" Natürlich
gibt
es diese Möglichkeiten nur ich war eben nicht selbst überzeugt davon.
"Du wolltest es nicht verhindern?" Ich unterbreche meine Tätigkeit,
"Und warum sollte ich?" Sie gerät in Fahrt. "Du würdest jemand töten?"
Die Standartfalle! Ich bin etwas enttäuscht. "Dafür wurden wir
ausgebildet." Das ist nur ein Bauernopfer. Sie hält inne. "Du hast
gefragt und ich habe geantwortet. Und ich liebe dieses Land unsere
Freiheit und ich finde es
ist es Wert es zu verteidigen." Pause.
"Kommt das besser rüber?" Sie runzelt die Stirne und mit tiefer
Stimme, "Sie hörten Franz Josef!" ich mag es wenn sie ihn immittiert.
Das Bodenständige hat alles was sie ablehnt. Mit Abscheu
betrachtet
wie eine ansteckende Krankheit. Sie greift nach dem Dienstbuch und
fängt an zu blättern. "So ein Scheiss!", hält mir die aufgeschlagene
Seite vor die Nase. Ich nicke nur. Sicher die richtige Bezeichnung
wenn
Autorität und Zügellosigkeit aufeinander treffen. "Muss du das
etwa auswendig kennen?" Ich verneine. Es wird nicht einmal verlangt
darin zu lesen. "So? Aber du hast es geselesen ? Wieso?" Ihre Fragen
hämmern fast so schnell wie
die Kadenz eines MG 42. Meist steige ich bei
den Fragen ein die am leichtesten zu beantworten sind. Doch diesmal
habe ich keine Chance. "Also gut ich habe den Wisch im Bau gelesen.
Ausser der Bibel die einzige Lektüre." Sie ist eigentlich
immer laut
und bei allem was sie tut. "Du warst im Knast?" das schreit sie jetzt.
"Wieso erlaubte Lektüre? Was hast du den ausgefressen. Ich meine..du
warst echt im Knast?" Ich hole Luft, "nur zweimal werfe ich in ihren
Redeschwall!"
Sie gluckst geräuschvoll."Meinen braven kleinen Schweizer
haben sie eingebuchtet?" "Hmmmm !", diese offene Bewunderung irritiert
mich etwas. Heimlich lasse ich sie in ihrer Ungewissheit baden. Sie platzt
förmlich vor Neugier. Arme
süsse Anne dein Held wird dich enttäuschen.
Die Arreststrafe in der Schweizer Armee untersteht nicht dem Zivilstrafrecht.
Anne ist nicht von dieser Welt. Darum weiss Anne das nicht. Zum ersten
Mal sehe ich sie so verunsichert. Ich
geniesse es noch ein wenig bevor ich
sie erlöse.Die wilde Anne ist ja doch noch ein klein wenig spiessig. Sieh mal an.
Ich sehe es an ihren Reaktionen. Sie platzt fast vor Neugier.
Noch ein klein wenig lasse ich sie noch im Saft der Ungewissheit
schmoren.
Es ist ungewohnt sie so zu sehen. Es ist mir ein Vergnügen wie sie sich
langsam vorwärts tastet an meine "dunkle Seite".
"Wie ?? Geschlafen auf der Wache??", sie scheint enttäuscht zu sein. Sie
ist zurück.
Ich nicke nur. Sie stockt und fängt sich.
"Was gibst da zu Grinsen?" "Ich meine das ist alles? Nur weil du eingepennt
bist?" Anne ist wieder lebendig. Anne ist fast zehn Jahre älter als ich.
Anne hat das Wesen eines Teenagers. Ihre
Fragen schnellen im Sekundentakt
über ihre Lippen. Ich bin froh keine Gelegenheit zur Antwort zu erhalten.
Das Thema ist mir zu banal. Nicht für sie. Annes Gerechtigkeitssinn wurde
getroffen. Ihr Plappermaul feuert im Stakato. Anne
wann atmest du?
Anne ist atemlos. Anne macht atemlos. Anne ist nicht zu fassen. Anne kann
gleichzeitig in fünf Richtungen fliegen. Ihre Band sind nur Statisten.
Sie steht vorne. Sie geht vorneweg. Man sieht nur sie. Coole Punker
degradiert zu Laufburschen. Bestenfalls akustische Kulisse. Sie ist der
personifizierte Parameter zügelloser Freiheit.
"Wo ist bloss ..?" Sie hält es in den Händen. Sie spielt damit rum.
"Die in Rot gefallen mir besser."
Spielerisch entfaltet sie alle Klingen.
Spielt damit. Ihre ganze Aufmerksamkeit ist darauf fokkusiert. Der Raum
scheint plötzlich in ein Vakuum getaucht. "Hmmm.. ", ihr Interesse lässt
etwas nach. "Wirklich sehr praktisch diese Dinger."
"Ich habe noch eins .. sogar In Rot. Das kannste haben." Sie blickt auf.
"Aber das ist deins?" Sie hält es mir mit offenen Klingen entgegen.
"Und darum willst du ausgerechnet das!" Es ist gebraucht. Es ist zerkratzt.
Es ist eigentlich
nur noch hässlich. "Du willst nicht dieses schöne Neue?"
"Nein!" "Dieses hier hat sogar eine Schere!" Ich sollte es eigentlich
besser wissen. Behende drückt sie die Klingen zurück. Das gute Stück
verschwindet in ihren
Jeans. "Drei Wochen ? Ich dachte Zwei?" Ich stopfe
die Ersatzhose in den Rucksack, "In zwei Wochen habe ich vielleicht am
Wochenende Urlaub." Sie sieht mir zu. "Das sind vielleicht Klamotten."
"Tja.." Anne ist schon weiter, "Ich kann dich ja
besuchen." Ich unter-
drücke einen Lacher. Anne in einer Kaserne. Was für ein Erlebnis.
"Hey Dicker, was bist du, Oberst? Was machst du so? Mit deiner komischen
Mütze siehst du aus wie unser Briefträger. Zeig mal her."
"Was gibt's da zu grinsen?" "Zivilisten sind da nicht erlaubt."
"Sind ja nur drei Wochen, Anne." Ich dachte es macht ihr nichts aus.
Aber im Jura auf einem Panzerübungsgelände kann ich sie mir nicht
vorstellen. Die Gegend ist
schön. Vielleicht sogar beschaulich für
jemand der aus dem Ruhrpott stammt. Für drei Tage vielleicht.
"Und was macht ihr da?"Ich wünschte ihr lebhaftes Naturell würde
eine andere Richtung einschlagen. "Wir jagen Panzer
und die Panzer
jagen uns." "Ist ja doof." Recht hat sie. Ihre Stimmung sinkt.
"Dieser Mantel,dieser Helm du siehst aus wie einer von der SS."
Anne hat schlechte Laune. Sie wird schnell ungeduldig sobald sie nicht
die Richtung bestimmt.
Annes Streben nach vorne gerichtet. Grob über ihre
Nase gepeilt. Anne strebt nach oben.
Dort ist sie von Geburt an. Anne stammt aus gutem Hause.
Aber da gefällt ihr es scheinbar (noch ?) nicht.Anne heisst sie wirklich.
Anne
ist sie wirklich. Ich bin der einzige der sie bei ihrem Namen ruft.
Eigener Swimming Pool, eigenes Zimmer und beste Schulung. Alles Scheisse?
Versteh ich nicht. Aber ich kenne es ja auch nicht.
Anne sehr weit oben geboren. Anne ist gerne oben.
Bei allem was sie tut.
Mal schreitet sie majestätisch, mal hetzt sie wie ein wütender Panther
durch die Welten die sie noch nicht kennt.
"Sind nicht bald die Prüfungen an der Uni?" Ihre Augen formen sich zu schmalen
Schlitzen,
"Was würde ich ohne dich nur anfangen?" Aua ..!
Prüfungen sind ein hartes Pflaster. Für sie. Gewogen wird da. Sie ist nicht
dumm. Im Gegenteil. Ihre Sprunghaftigkeit hindert sie daran auf dieses Ziel
zuzusteuern, meiner geheimen
Meinung nach. Nicht, dass ich an ihr zweifle.
Anne im massgeschneiderten Kostüm in High Heels durch die Chefetage.
Sie stolpert und fängt sich. Mustert kurz missmutig ihre Schuhe und sieht
sich nach allen Seiten um. Ein kurzes "Scheisse"
,mehr ein Zischen. Und
weiter.Hmmmh, nicht übel.
"Was grinst du jetzt schon wieder?" Ich nestle an den
Verschlüssen herum, "Ich habe dich nackt gesehen." "Spinnst du?"
"Ja ein wenig, aber das werde ich mir deinetwegen nicht abgewöhnen."
Das lässt sie nicht in Ruhe, "Manchmal habe ich keine Ahnung wovon du sprichst."
"Na gut ich habe einen Blick in deine Zukunft geworfen."
Sie richtet sich auf, "Nackt?" "Nicht ganz! Ich sah dich im klassischen
Zweireiher durch
die Teppichetage schreiten." Sie verzieht ihr Gesicht als
hätte sie eine Chillischotte erwischt, "Du glaubst das wäre mein Ziel?"
"Mir scheint du hast noch keins", ich schleudere den Satz heraus bevor sie
loslegt."Machste, jetzt plötzlich
auf Papa?" Ich finde du bist noch etwas zu jung
dazu. Ausserdem, was hast du den schon vorzuweisen?" Mein "Nichts" wird in ihren
Argumenten achtlos wie ein Stück Holz beiseite gespült.
"Du hängst bei uns ab und schlägst
dich mit Schwarzarbeit durch. Dann kommst
du zurück in euer Milchkuh - und Schokoladenparadies und machst brav auf
Zinnsoldat um anschliessend für Monate in irgendeinem Dschungel in Zentralamerika
zu verschwinden. Wie würdest
du so etwas nennen?" Ich bin mir nicht sicher
ob ich mir alles behalten konnte, "Du siehst das wirklich so?" Sie wird lauter,
"Du bist so!" Ich dachte eigentlich sie wäre der Chaot von uns beiden.
"Mit meinem Studium bin ich fast fertig
und du mein Lieber hast noch nicht mal
damit angefangen. Willst du einfach nur so weitermachen oder glaubst du kriegst
irgendwann die Kurve?" Krampfhaft presse ich meine Lippen zusammen. So spricht
nicht mal meine Mutter mit mir. Anne meine
Mama? Ich lach mir ein Ast!
"Du wirst bestimt eine gute Mutter", ich nutze die kurze Feuerpause.
Sie gluckst und kichert kurz. Ich glaube dahin wollte sie nicht.
Anne lebt oder noch besser sie bebt. Ich bin gerne im Bereich ihres
Epizentrums.
Faszinierend wenn sie auf der Bühne steht und mit ihrer Stimme
den Saal dominiert. Berauschend wie sie alles mitreisst. Lustvoll und Laut
so beschreibe ich ihren Charakter. Hemmungslos fordert sie alles vom Leben.
Sie schreit auf der Bühne
ihre Wut hinaus und entzündet ein Steppenbrand im
Zuschauerraum. Leise stöhnend schiebt sie mit den Händen meinen Kopf zu ihren
bebenden Hüften. Kein Flämmchen. Ein Vollbrand will sie,nicht weniger.
"Wo haben sie ihr
Taschenmesser?", der Feldwebel weist mit seinem Finger
auf meine ausgebreitete Ausrüstung. Eingangskontrolle auf dem Sammelplatz.
"Wie? Haben sie vergessen? Was soll das heissen? So was nennen sie
kriegstauglich?" Der Kerl macht ein Gesicht
als hätte ich seine Mutter ge-
häutet. Oh Scheisse ... Anne. "Wie bitte?" Nichts! Brummt etwas vor sich hin.
Dann schreibt er etwas. Drei Stunden Strafexerzieren. Schwein gehabt!
Mist! Für einen Klappentext ist das zu lang!
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„In der Schule?“, ich war mehr angewidert als erstaunt. Nicht nur die Lehrer auch seine Mitschüler sind auf unser neues Reich getrimmt. Etwas unheimlich
diese neuen Werte. Wollte ich das wirklich so? Diese Revolution ist allgegenwärtig in meiner Welt, aber wollte ich sie meinem Kinde öffnen. Ich sein Vater müsste ihn in die Welt begleiten und nicht gleichgeschaltete Lehrer. Aber das Regime hatte
ein Programm verordnet, dass unsere Jugend auf ihre neue Rolle vorbereitet. Wie unter jedem Regime tun sie es mit dem Eifer eines Buchhalters. Gott, Kaiser und Vaterland war für meine Generation. Dem Führer und sonst nichts für die meines Kindes.
Reduziert auf eine Instanz mit neuen Gebeten. Und unsere Jugend marschiert begeistert in die gewünschte Richtung. Der Eifer unserer Pädagogen öffnete der Jugend diese Perspektiven. Ihre Autorität verhalf dieser Sicht zum Recht. Das Töten
und Hassen als Schulfach? In diesem Alter?
„Glaubst du, es ist schlecht, was du tust?“ Frauke schien mich zu beobachten. „Warum flüsterst du?
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Klappentext - noch eine Übung
Nochmal. Für die Figuren in diesem keinen Schinken musste ich keine
Zeitreise unternehmen. Da wo ich arbeite und lebe versuchen sich Sozi's
und Grüne schon lange für die Zeit nach der
Machtübernahme.
Das Kabinett an skurrilen Figuren ist so reichhaltig, dass wir jede
Bananenrepublick für nächsten fünfzig Jahre mit Diktatoren beliefern
könnten. Der von der Boulevardpresse so bejubelte Nuttenhitler
ist das
beste Beispiel, das schräge Ganoventrudi mit ihren Flughafenauftritten,
eifrig datensammelnde Grüne, ein Polizeichef der sich als Buchkritiker
versucht. Da wiehern doch Pferde. Dazu kommen noch ihre Höflinge wie
befreundete
ehemalige Arbeitskollegen aus dem Rotlichtmilieu oder ihre
allwissende erleuchtete Presse. Besser bekannt als neurotische Gartenmöbel-
Vertreter. Hey Leute ihr braucht noch zuzugreifen.
Gefährlich.. von wegen. Es sind Antilopen. Aber
sie lesen wenigstens
Sie lesen meine Texte? Also irgendwie habe ich da doppelt gewonnen.
Klappentext - Übung
Nochmal. Für die Figuren in diesem keinen Schinken musste ich keine
Zeitreise unternehmen. Da wo ich arbeite und lebe versuchen sich Sozi's
und Grüne schon lange für die Zeit nach der Machtübernahme.
Das Kabinett an skurrilen Figuren ist so reichhaltig, dass wir jede
Bananenrepublik für nächsten fünfzig Jahre mit Diktatoren beliefern
könnten. Der von der Boulevardpresse so bejubelte Nuttenhitler ist das
beste Beispiel, das schräge Ganoventrudi mit ihren Flughafenauftritten,
eifrig datensammelnde Grüne, ein Polizeichef der sich als Buchkritiker
versucht. Da wiehern doch Pferde. Dazu kommen noch ihre Höflinge wie
befreundete ehemalige Arbeitskollegen aus dem Rotlichtmilieu oder ihre
allwissende erleuchtete Presse. Besser bekannt als neurotische Gartenmöbel-
Vertreter. Hey Leute ihr braucht noch zuzugreifen.
Gefährlich.. von wegen. Es sind Antilopen. Aber sie lesen wenigstens
Sie lesen meine Texte? Also irgendwie habe ich da doppelt gewonnen.
Er stößt mit seinem Handrücken an meinen lädierten Kiefer, „ Nichts gemacht, alles nur auf Befehl. Wenn man euch zuhört, erhält man den Eindruck, dass ihr die Opfer seit.“ Wieder achtet er auf die Bodenbeschaffenheit vor sich. „Du machst es dir zu einfach, mein braver Faschist. Befehle, Gehorsam und es ist Krieg. Dahinter willst du dich verstecken? Du glaubst, die Welt wird das verstehen?“ Er schnaubt etwas. „Für uns seit ihr nichts anderes als gewöhnliche Verbrecher. Diebe und Mörder, die uns in unseren Häusern überfallen haben. Die unseren Besitz geraubt und unsere Familien abschlachteten. Wir nehmen dafür Rache, das musst du wissen. An dir und an jedem anderen den wir erwischen.“ Ich will etwas erwidern, aber er fährt mir über den Mund. „Deine Schuld gewichtet sich nicht daran ob und wie viele du getötet hast oder nicht. Deine Schuld ist, dass du dabei gewesen bist.“ Na gut der Feind hat sicher einen Grund uns zu hassen. Die Feindpropaganda hat sicher auf beiden Seiten ähnliche Argumente. Aber das ist nicht mein vordringliches Interesse. Ich sehe sein schattiges Profil an meiner Seite. Egal ich muss es wissen. Aber wie soll ich das anfangen? „Sind sie deutscher Abstammung?“, so leise als würden wir Geheimnisse austauschen. Er spricht seine nächste Umgebung auf Russisch an. Ein verhaltenes Gelächter folgt auf das Ende seines Satzes. „Ich habe ihnen gesagt, dass du mich für einen Überläufer hältst.“ Er gibt mir fast einen freundschaftlich anmutenden Stoß in die Seite. „Ich bin Wolgadeutscher und ich bin Russe, mein unwissender Faschist.“
„Preuße bist du!“ Er wiederholt sich. Ein Gebüsch versperrt uns den Weg. Er muss seinen Platz neben mir verlassen. Wir stolpern an dem Hindernis vorbei. Ich spüre Zweige in meinem Gesicht. Einige peitschend andere nur steifen mich nur sanft. Mit einem Satz ist er wieder neben mir. Er prüft kurz den Sitz der Stange. Er schnieft kurz auf, „Das Preußische ist doch das in aller Welt, als das Deutsch prägende schlechthin nicht war?“ Ich mag das Gespräch nicht mehr. Oberlehrerhaft! „ Die Preußen sind ein slawischer Volksstamm! Hast du das gewusst mein unwissender Arier?“ Er schüttelt an meiner Schulter. „Hast du das gewusst?“ Ich weiss, worauf er hinaus will. Amüsier dich nur du arme Sau! „Nach euren Maßstäben bist du mit meinen Kameraden hier näher verwandt als mit mir.“ Er lacht kurz leise über seinen eigenen Witz. Er spricht wieder mit unserer Begleitung. Ein heiseres aber leises Gelächter folgt. „Unser Brüderchen bist du!“, höre ich eine Stimme hinter mir und ein weiteres Gelächter folgt.
„Träumst du vom Paradies?“ Mist, er ist zurück. Jetzt setzt er sich auch noch neben mich und raunt etwas seinen Leuten zu. Er kramt in seinem Gepäck und ich höre schließlich ein leises Klappern, das
ich einer Feldflasche zuschreibe. Gleich darauf höre ich schluckende Geräusche. Er scheint zu ahnen, dass ich eine trockene Kehle habe und ihn beim Trinken beobachte. Er haucht lautstark Luft durch seinen offenen Mund.
„Vergiss es“,
er macht ein rülpsendes Geräusch, „du kriegst nichts.“ Ich tue so, als hätte ich ihn nicht gehört. „Ich habe gesehen wie du im Lager aus der Pfütze getrunken hast. Das sollte reichen.“ Er hatte es gesehen und
hatte nichts dagegen unternommen? Er scheint meine Verwunderung zu ahnen, „Kann mir egal sein. An der Ruhr wirst du ja nicht sterben.“ Tatsächlich waren die wenigen Schlucken aus der Lache das Einzige was ich noch zu mir genommen habe seit
Beginn meiner Gefangenschaft. „Na hast du wenigstens was Schönes geträumt?“ Mann, der kann einem vielleicht auf den Wecker gehen.
„Von einem Sozialisten!“
Hat er mich nicht verstanden? Er stößt kurz
Luft durch die Lippen. Dann packt seine Hand meinen Haarschopf und drückt meinen Kopf zum Boden, „Unser Faschist hat ein Witzchen gemacht?“ Ich sehe nur noch Funken vor meinen Augen. Die gebrochene Rippe bohrt sich wie eine glühende Nadel
ins Fleisch. Einer meiner Bewacher scheint ihn etwas zu fragen. Er antwortet ihm und es folgt ein Gelächter was er mit einem zischenden Laut quittiert.
„Und du meinst diese Namen auf der Liste werden, vor Gericht gestellt?“
„Ja das denke ich, wird so sein. Warum fragst du?“
Ich frage mich tatsächlich, ob das so sein wird. Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen. So war es doch schon immer. Warum sollte sich das ändern.
„Nun Trotzki hat auch niemand verurteilt.“
Ich höre wie er sein Atem durch die Nase presst.
„Trotzki? Wer ist das?“
Will der mich etwa auf die Schippe nehmen? Scherzt er?
„Ich meine euren Revolutionsführer
Trotzki.“ Seine Handfläche prallt mit voller Stärke in mein Gesicht.
„Spinnst du!“, er faucht regelrecht. „Diesen Namen auszusprechen ist verboten. Hörst du? Zuwiderhandlung wird schwer bestraft!“
Ich
bin nahe daran ihn zu fragen, ob darauf die Todesstrafe stehe. „Gilt das auch für Ausländer?“
„Wie siehst du deine Funktion als Kommissar in dieser Einheit?“ Er spricht mir meinen Bewachern.
Meine Frage scheint sie zu amüsieren. „Du fragst mich nach meiner Funktion? Heißt das ihr richtet uns hin, ohne zu wissen, warum?“ Findet er gefallen an meiner für ihn wohl naiven Neugier? Ich versichere ihm meine mangelnden Kenntnisse
bezüglich der Hierarchie in der Roten Armee. Er scheint sich einen Ruck zu geben. Seine Position sei Politoffizier. Er sei das Auge und Ohr der Partei in der Armee. Für die korrekte Schulung der Soldaten und Offiziere zuständig.
„Du
bist so etwas wie eine Geheimpolizei für innere Angelegenheiten in der Armee?“, es interessiert mich wirklich. „Du überwachst deine Kameraden?“
„Nicht nur überwachen“, bremst er mich aus. „Wir kontrollieren
im Namen der Partei die sozialistische Korrektheit insgesamt.“
„Außerhalb der Befehlskette?“ Jetzt bin ich wirklich neugierig. Ich frage mich ab und zu, welche Gefahr von ihnen ausgehen soll. Ist ihr Einfluss so groß ?
„Nicht ganz“, erklärt er weiter. Ein wenig stolz schwingt in seiner Stimme mit, wie mir scheint. „Du hast wirklich nichts über uns gewusst? “Er lacht kurz. „Was hat man dir über uns erklärt.?“
„Das
ihr Schweine seit!“ Ich weiss nicht, welcher Teufel mich jetzt reitet.
Jegor sitzt vor der Kiste. Seine klobigen Hände umfassen eine Fotografie. Seine Augen ruhen auf dem Bild das eine junge Frau und ein Mädchen zeigt. Fröhlich winkend hatten sie in die Kamera gelacht. Ihr letzter Urlaub auf der Krim. Sein Daumen fährt langsam über die Stelle vom Haarschopf des Mädchens . Katja, meine Kleine. Geht es dir gut? Was machst ...“ Ein Schatten fällt über den Kistenboden. Jegor fährt herum, „Fedjia, du versoffenes Schwein. Musst du dich immer anschleichen. Was gibt’s?“ Kleinlaut erklärt ihm der Angesprochene, dass nur noch das Kommandozelt abgebrochen müsse. Missmutig erhebt er sich und steckt das Foto ein. Es ist lebhaft wie immer im Lager beim Aufbruch. Etwas schläfrig sucht nach der die Feldküche. Sie ist nicht schwer zu finden. Der Duft nach Tee und dünner Suppe lenkt in sicher dahin. Mit einer dampfenden Tasse in der Hand beobachtet er den Aufbruch
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„Ich glaube, er wacht auf.“ Wer spricht da? Ich bin nicht tot? Die Stimme hat weit weg geklungen. Etwas verschwommen dazu. Als hätte der Sprecher ein Tuch vor dem Mund. Ich kann die Augenlider öffnen, aber ich sehe nichts. Ich bin doch nicht etwa blind? Ich möchte meine Hand bewegen. Ich möchte irgendetwas in meiner Nähe ertasten. Den Ort wo ich mich befinde zu identifizieren. Wieder nichts. Ich habe den Eindruck in einer Kiste zu liegen. Ganz dumpf dringen Geräusche von außen zu mir. Ich wüsste zu, gerne ob es eine Wand in meiner Nähe gibt. Etwas das mir Schutz bietet. Mein Hals fühlt sich trocken an. Ich bin aber nicht durstig.